Freitag, 22. Januar 2010

Zeitgriesel



Die Tage vergrieseln zu weichem, pappigem Zeitbrei. Dazwischen, als Einlage, Brechreizgedanken. Brechreizvorstellungen, von Parkplätzen, von Einkaufszentren, bunt und melancholisch. Sonne, die schräg durch ein Fenster scheint, brechreizend. Wo scheint sie sonst noch? Über Leibern grau und tot? Bestimmt auch über einem Kanaldeckel in einer Erschließungsstraße ins neue Gewerbegebiet. Vorausgesetzt natürlich, Namensuchmann kniet nicht darüber beim Versuch, aus den Darmgeräuschen der Erde Silben herauszuhören.

"Sie sollten etwas gegen diesen Brechreiz unternehmen!"

"Huch", entfährt es mir, ich schaue mich um, wer mir diesen genialen Rat erteilt hat. Namensuchmann steht nicht weit von mir, in einer Blumenrabatte, die außer verharschtem, schmutzigem Altschnee und rissigen Brocken durch- und entfrorener Erde keinen Schmuck bietet um diese Jahreszeit. Er trägt immer noch seine Baumwollwachsjacke.
Doch in der winterlichen Blumenrabatte steht auch ein Baum, eine ansehnliche Bergeiche, aufs Herzlichste von Namensuchmann umarmt. Er hat immer noch sein Ohr an der rauhen Rinde und guckt nur aus den Augenwinkeln in mein Gesicht. Grinst oder lächelt er?
Erschrocken schaue ich zu dem entblößten Kanaldeckel, voll beschienen von warmen Nachmittagssonnenstrahlen. Ich beuge mich nach vorne, würgend. Auf alles gefasst.




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