Montag, 29. November 2010

P A U S E

Bis 3. 12. 2010

Als kleines Intermezzo und um die Zeit zu verkürzen:


Sonntag, 28. November 2010

Der Taschentempel

"Über dem ganzen Tag ein Firniss von Undenkbarkeiten. Es geht im Prinzip um die Verfolgung der Kontinuität. Auf der planen Oberseite ein Ausbreiten und Räkeln. Der riesige Abfluss jedoch verborgen im glänzenden Tempel der Zuversicht."

"Oh, hm... jetzt mal der Reihe nach. Wieviel nochmal soll das kosten?"

"Zwei Euro fuffzig. Es sei denn, Sie sind am Hintern tätowiert. Das mag ich nicht besonders"

"Was hat das denn damit zu tun?"

"Sie sind also am Hintern tätowiert?"

"Aber nein, ich mein´ ja nur"

"Ziehen Sie Ihren Rock herunter, ich muss das überprüfen"

Die Person dreht sich um, zieht ihren Rock bis unter die Gesäßbacken und sagt über die Schulter:

"Zufrieden?"

"Die Unterwäsche auch. Unter diesen Liebestötern kann sich ja das ganze Alte Testament als Bildergeschichte verbergen"

Die Person lässt ihren Rock los, der jedoch aufgrund seiner Elastizität nicht weiter nach unten rutscht, und pellt ihre Liebestöter bis unter ihre Hinterbacken.

"Glauben Sie mir jetzt endlich, dass ich kein Arschgeweih trage?"

"Ok, danke. Ich muss eben vorsichtig sein. Man kann nie wissen heutzutage"

Die Person bringt ihre Kleidung wieder in Ordnung und zählt dann zwei Euro fünfzig aus ihrer Geldbörse in die Münzschale, die auf dem nassen Pflaster steht. Die andere Person, die einen halben Meter hinter der Schale sitzt, neigt sich zur Seite, als ob sie sich eines Darmwindes entledigen müsste. Doch sie nestelt lediglich in der Gesäßtasche ihrer Hose, um endlich einen kleinen, metallenen Gegenstand hervorzuziehen.

"Bitteschön", sagt sie und reicht den Gegenstand nach oben, "Sie sind nun stolze Besitzerin eines multifunktionalen Taschentempels der dreizehnten Dynastie"


Die Person packt den Taschentempel in ihre Handtasche und schickt sich an zu gehen.

Oh weh, es ist wieder soweit...




Schnee und Matsch auf dem alltäglichen Weg zum Bach.
(Dieses Foto ist von besonderem Seltenheitswert! Ausnahmsweise hat nämlich Schranze die Führung übernommen, vermutlich aufgeputscht durch die weisse Umgebung)


Samstag, 27. November 2010

Donnerstag, 25. November 2010

Mittwoch, 24. November 2010

Selbstmordattentäter im Weltall (m. Forts.)


oder: von wegen, Männer fragen nicht nach dem Weg...

















Sonntag, 21. November 2010

Akt im Weltall



(oder: Mit dem Arsch gemalt)


Freitag, 19. November 2010

Gedicht, das einer schrieb, bevor er die Butter aus dem Kühlschrank holte



Dem Briefträger in die Arme gelaufen
vor ihm hingefallen und versucht
seinen Slippern Rigoletto vorzujodeln
während er mir mit dem schweren Neckermann
Zuversicht einzuhämmern trachtete
von oben auf den Hinterkopf
und dabei lachte und brüllte im Wechsel

Auf dem Weg in die Geschlossene
dann erste Gewissensbisse wegen Menzel
der muss aufs Klo
doch Menzel existiert nicht
trotz seines Heiligenscheins und der Sandalen
was mich anfangs verwirrte

Oh Gänseblümchen mein
blühst dich noch um Kopf und Kragen
weißt du nicht der Winter droht
schon mit seiner weißen Riesenfaust

"Ja, oh Menschlein mein.
Doch im Sommer, da hast du
mich abgemäht wieder und
nochmal und spürtest nicht
mein Sehnen und nicht mein Schauen"

Das Gras stand hoch und ihr wart so viele

"Drum blühe ich heute und hier
mit erschöpfter Kraft den Winter
erwartend und mein Ende doch froh
und frei zu spüren endlich dein Schauen"

In der Geschlossenen mein Tagwerk
betrachtend Blatt um Blatt
Stapel um Stapel mit ungelenker Hand
um Filzstift und Pinsel geklammert
ein Heer von Gänseblümchen erschaffend
doch leer und kalt ihre stumme Gegenwart



Donnerstag, 18. November 2010

Angela Merkel beim Versuch, im Weltall Atommüll abzukippen...

... und dabei in schreienden Gulasch tretend.






Mittwoch, 17. November 2010

Wenn´s regnet (VII)



"Scheisse Scheisse Scheisse!"

Namensuchmann keuchte. Am liebsten hätte er noch ein weiteres mal "Scheisse" gebrüllt, doch ein Hustenanfall machte sein Vorhaben zunichte. Seine Kehle war noch rauh und kratzig von den unheimlichen Würgsummgeräuschen, die er ausgestossen hatte. Sie hatten eine seltsam reinigende Wirkung auf seinen Gemütszustand, der nun doch langsam anfing, unter der gegenwärtigen Situation zu leiden. Doch was die Seele labte, kratzte in der Kehle.

"Scheisse Scheisse Scheisse!"

Es ging wieder, diesmal ohne Hustenanfall. Namensuchmann schlug mit der Faust auf die Wasseroberfläche und den darunterliegenden Gummiboden ein. "Scheisse Scheisse Scheisse!"

Wasser spritzte ihm ins Gesicht bis er wieder husten musste. Dann schluchzte er. Ein unwillkürlicher, unvermittelter Schluchzer ohne Vorwarnung, der ihm aus der Kehle drang wie ein gefangener Iltis, dem man den Deckel seiner Falle aufmacht. Namensuchmann verspürte plötzlich ein tiefes Bedürfnis, seine Stirn auf seine Fäuste zu legen, die nun aneinandergefügt auf dem Noppenboden ruhten. Doch das Wasser stand zu hoch, Nase und Mund bekamen keine Luft mehr. Bequem war diese Haltung auf Dauer nicht. Er erinnerte sich, weshalb er überhaupt aus dem Bentley ausgestiegen war und sich in diese unrühmliche Kauerstellung begeben hatte.
Der Fahrer.
Er musste nach dem Fahrer suchen. Vermutlich war er bei dem Unfall herausgeschleudert worden und lag jetzt irgendwo, nicht weit von dem Auto entfernt, auf dem seltsamen Boden. Namensuchmann dachte erschrocken an das stehende Wasser. Es waren schon Leute in flacheren Pfützen ertrunken, wenn sie nur hilflos genug waren.
"Haaaallo"
Keine Antwort. Nur das Rauschen von millionen pervers dicker Regentropfen auf Wasser, dickes Vorgkriegsblech und gewachsten Baumwollstoff.
Namensuchmann tastete mit seiner Rechten nach dem Bentley und fühlte sich erleichtert, als er das harte Trittbrett berührte. Doch wie sucht man bei völliger Dunkelheit nach einer hilflosen Person, die sich nicht bemerkbar machen kann? Der Bentley war nun ein Fels, ein Fixpunkt, den er nicht verlieren durfte, er würde der Nullpunkt seines Suchrasters bilden. Am besten kroch er erst einmal rund um das Fahrzeug herum, vielleicht befand sich der Fahrer ja in Reichweite seines linken Armes, während er mit dem rechten den Kontakt zum Bentley hielt.
Kriechend und rutschend, dabei nach dem Fahrer tastend und triefend vom Regen, arbeitete sich Namensuchmann an dem langen Kotflügel entlang nach vorne, in perfekter Dunkelheit.
Bald fühlte er das Vorderrad, der Reifen war intakt und ohne Luftverlust, als ein heftiger Schmerz sein linkes Knie durchzuckte. Es war von einer kleinen Erhebung unter Wasser abgerutscht. Namensuchmann versuchte, das Hindernis zu ertasten. Es war eine flache Erhebung mit einer geraden Kante, wie mit einem Lineal gezogen, und reichte linker Hand weiter in die Dunkelheit als Namensuchmann erfühlen konnte. Rechter Hand verschwand die Erhebung unter dem Bentley, sein Vorderrad war darauf zum Stehen gekommen. Kaum einen halben Meter weiter fiel die Erhebung genauso unvermittelt wieder ab, wie sie sich erhoben hatte. Auch hier schien die Kante schnurgerade, ja sogar parallel zur ersten Kante zu verlaufen. Es war eine dicke Linie, dachte sich Namensuchmann. Eine breite, einige Zentimeter hohe Linie, die aus dem Nichts zu kommen schien und offensichtlich quer unter dem Bentley hindurchlief. Das Vorderrad stand mittig darauf. Namensuchmann kroch weiter und war schon halb um die vordere Stoßstange herum, als er eine weitere Kante spürte, aber diesmal nicht mit dem Knie. Sein hin und herwischender Arm hätte sie beinahe verfehlt, erst im letzten Moment berührten seine Fingerkuppen die neue Linie. Sie verlief in einem 45° Winkel an der Schnauze des Bentleys vorbei. Auch hier konnte Namensuchmann weder Anfang noch Ende ertasten. Er überlegte jedoch, dass sich die beiden Linien nicht weit von ihm entfernt kreuzen mussten. Was diese Information im Augenblick oder später einmal wert sein mochte, darüber wagte er in diesem Moment nicht zu spekulieren. Es galt, den Fahrer zu suchen.
Das rechte Vorderrad stand ebenfalls auf einer Erhebung, es musste dieselbe Linie sein, die er als erstes entdeckt hatte und die unter dem Bentley hindurchlief. Auch auf dieser Seite konnte Namensuchmann ihr Ende nicht ertasten. Jedenfalls nicht, solange er noch Kontakt mit dem Auto hielt. Die rechte Seite war die Fahrerseite bei diesem monströsen alten Unikum. Wenn der Fahrer hinausgeschleudert worden war, dann lag er sicher hier ganz in der Nähe.
"Haaaalloooo"
Keine Antwort. Namensuchmann überlegte. Erst das ganze Auto umrunden und eine Zone bis 1,5 Meter Entfernung absuchen? Oder auf gut Glück dieser Linie folgen, weg vom Bentley, hinaus in die rauschende und prasselnde Leere? Fast schmunzelte er bei diesem Gedanken. Hinaus in die Leere. Wo war er denn jetzt, wenn nicht in derselben Leere? Alles, was die Leere dort von der Leere hier unterschied, war der kaputte Haufen Metall und Gummi neben ihm. Doch war er wirklich kaputt? Die Räder schienen in Ordnung, und die Front hatte auch keinerlei Anzeichen einer Beschädigung gezeigt. Kurz war Namensuchmann von diesem neuen Aspekt wie elektrisiert. Es konnte doch nicht so schwierig sein, das Ding zu starten. Er versuchte, sich zu erinnern, wann der elektrische Starter erfunden wurde. Bentley war eine Luxusmarke gewesen, ihrer Zeit immer etwas voraus. Dann fielen ihm die Scheinwerfer ein. Was hätte er dafür gegeben, wenigstens ein kleines Fünkchen Licht zu sehen. Wenn die Scheinwerfer jedoch nicht mehr funktionierten, war an Fahren überhaupt nicht zu denken. Warum aber sollten die Scheinwerfer nicht mehr funktionieren?
"Scheisse Scheisse Scheisse"
Das tat gut. Namensuchmann beschloss, solche im Moment noch unnötigen Gedankenspiele zu unterlassen. Der Fahrer lag vielleicht im Sterben, er musste ihn finden.
Er ließ den Bentley los und kroch auf die Linie. Eine Hand legte er auf die linke Kante, die andere auf die rechte Kante. Obwohl das Wasser nur eine handbreit hoch stand auf dem Noppenboden, war auch die Oberseite der Linie noch mindestens zwei fingerbreit überspült. Namensuchmann schluckte. Die Linie fühlte sich plötzlich an wie ein Schwebebalken, mit Abgründen links und rechts. Dass die Wasseroberfläche immer noch unverändert war, vermochte die aufsteigende Panik nicht zu vertreiben. Namensuchmann ließ die rechte Linienkante los und tastete nach dem Noppenboden. Er war noch da. Eine handbreit unter dem Wasserspiegel. Namensuchmann schluckte nochmals. Dann kroch er los. Auf allen Vieren.




Dienstag, 16. November 2010

Sonntag, 14. November 2010

Wenn´s regnet (VI)


Der Untergrund unter der Handbreit Wasser fühlte sich femdartig glatt und nachgiebig an, ähnlich dem Gummifußboden im Jungensumkleideraum der Turnhalle von Namensuchmanns alter Schule. Er konnte sogar eine Art grobes Noppenmuster ertasten. Regelmäßige, erhabene Kreise, genau wie damals. Nur ob auch die Farbe mit seiner Erinnerung übereinstimmte, konnte Namensuchmann nicht beurteilen. Der Fußboden war giftgrün gewesen und hatte stets wie das Chemielabor vom Lehrer Dr. Lages gerochen. Jetzt jedoch war es stockfinster, der Regen prasselte auf die bladdernde Wasserfläche und auf Namensuchmanns Rücken. Da er immer noch auf allen Vieren kauerte, ergossen sich Regensturzbäche von seinem Hinterkopf hinab in sein Gesicht, um dann von seiner Nase ins Dunkle zu fallen. Es gab nicht die geringste Reflexion auf den Tropfen oder den blubbernden Blasen auf dem Wasser. Die dicken Tropfen machten bestimmt Blasen auf dem Wasser, dachte sich Namensuchmann. Er erinnerte sich an früher, als er bei diesen warmen Sommerregen durch die Pfützen gesprungen war, in denen dicke Regenblasen schwammen. Die Dunkelheit war perfekt; als wäre Namensuchmanns Kopf mit dem Gesicht nach unten in ein großes, weiches und pechschwarzes Samtkissen vergraben.
Das konnte nur ein Traum sein. Das musste ein Traum sein. Die Panne. Die war real gewesen, soviel war klar. Doch wohin war er eigentlich unterwegs gewesen? Namensuchmann erschrak bei dem Gedanken, dass er sich nicht mal mehr an den Zweck seiner eigenen Autofahrt erinnern konnte. Was war sein Ziel gewesen?
Die Antwort schien gar nicht allzu tief verschüttet zu sein, sie kitzelte und lauerte knapp unter seinem Bewusstsein. Doch was war von einem Bewusstsein zu halten, das solche Szenarien delirierte? Vermutlich hatte er nicht nur eine Panne, sondern einen schweren Unfall und lag nun narkotisiert auf einem OP-Tisch, die Schädeldecke geöffnet und sein Gehirn grau und rot der gleissenden OP-Beleuchtung und dem Skalpell des Chirurgen ausgeliefert. Nur, anstatt sich selbst und das Operationsteam von oben zu sehen, unternahm er Spazierfahrten mit antiken Bentleys und geheimnisvollen Chauffeuren, die im Regen rauchten und gegen seltsam leuchtende Instrumente klopften.
Am besten wartete er einfach ab. Irgendwann werden sich der prasselnde Regen und die Dunkelheit verabschieden und der wohligen Wärme und Helligkeit einer gemütlichen Intensivstation weichen. Zeit, aufzuwachen und mit der Schwester zu flirten. Vielleicht, durchfuhr es Namensuchmann, konnte er sogar einen Blick auf sein Krankenblatt werfen. Auf die Kopfzeile. Auf den Namen, der dort stehen würde. Es würde sein Namen sein.
Namensuchmann war plötzlich freudig erregt.

Doch nichts änderte sich.


Namensuchmann versuchte sich zu konzentrieren; aufwachen durch pure Willensanstrengung. Plötzlich entwandt sich seiner Kehle ein würgender Laut, der sich jedoch seltsam wohltuend anfühlte. Ein gepresster Summton, überlagert von dumpfem Krächzen. Namensuchmann stieß ihn erneut aus, lauter diesmal und länger. Der Ton vermochte sogar das Rauschen des unsichtbaren, dunklen Regens zu übertönen, doch er vermochte nicht die Welt zu ändern.


Donnerstag, 11. November 2010

Novembersonne


Ich ließ die Gedanken fließen,
sie flossen in ein Loch.
Ich ließ die Gedanken schweben,
sie verhedderten sich in der Freileitung.
Ich ließ die Gedanken gehen,
sie liefen vor ein Auto.
Ich machte aus den Gedanken Gulasch,
mich ekelte vor den Gulaschgedanken.
Der Ekel wandt sich feist unter der Sonne und fand kein Loch.


(Ich hatte ganz vergessen, was "Loch" doch für ein schönes Wort ist)


Sonntag, 7. November 2010

Prominente, schreiend im Weltall



Heute: Stefan Mappus beim Versuch, im Weltall einen Tunnel zu bohren.
(Als Teilstück der Magistrale Epsilon Eridani - Alpha Centauri)



Dienstag, 2. November 2010

Wenn´s regnet (V)



Es war stockdunkel.
Namensuchmann befühlte die dicke Beule auf seiner Stirn. "Mist", dachte er, "ich blute wie ein Schwein". Er roch an seinen Fingern, rieb sie prüfend aneinander, leckte daran. Es war kein Blut, nur Wasser. Ach ja, es regnete in Strömen, wie aus Kübeln. Aber die Beule war echt und tat weh.
Übelkeit.
In seinem Mund begann es jetzt doch, metallisch zu schmecken. Seine Zunge schmerzte, und seine Unterlippe schien innen einen Riss zu haben. Namensuchmann spuckte aus. Es war egal wohin, der Regen würde es wegwaschen. Dicke schwere Tropfen prasselten auf seinen Kopf und hämmerten gegen irgendeine hohle Unterlage. Blech. Autoblech. Und Leder. Das poetische Brabbeln und pladdern von Regen auf Leder. Namensuchmann drehte den Kopf, erst nach links, dann nach rechts, dann hob er ihn weit in den Nacken, dann drückte er sein Kinn auf die Brust. Es tat weh, aber er schrie nicht auf vor Schmerzen und wurde auch nicht ohnmächtig. Doch ein Regentropfen versuchte nun, sich unter den Kragen seiner Baumwollwachsjacke zu zwängen. Er zog den Kragen enger. Der hämmernde Lärm des Regens ließ keinen Raum für andere Geräusche.
Blech. Leder. Die Erinnerung kehrte langsam zurück. Namensuchmann saß in einem offenen Automobil. Kein Motorenlärm. Die Welt schien leicht in Schräglage geraten zu sein. Er tastete neben sich, wo der Fahrer sitzen sollte, doch seine Finger glitten nur über das nasse, schwere Leder der leeren Sitzbank.
Seine Beine!
In der Dunkelheit war der enge Schacht, in welchem seine Beine steckten, neben dem Kardantunnel nur zu erahnen. Falls seine Beine verletzt wären, sähe es ziemlich unangenehm für ihn aus. Namensuchmann kämpfte gegen die aufkommende Panik an. Nach ein paar Augenblicken des Innehaltens versuchte er, seine Zehen zu bewegen. Es ging. Kein Schmerz durchzuckte ihn. Er bewegte beide Füße, auch das ging ohne Schmerzen. Nun streckte und beugte er seine Kniee soweit, wie es der enge Fußraum zuließ. Alles schien in Ordnung, er schien zumindest aufstehen und davongehen zu können. Doch wohin? In welche Richtung? Wo war der Fahrer geblieben? Namensuchmann überlegte, dass er nach ihm suchen musste. Womöglich wurde er bei dem Unfall aus dem Auto geschleudert und lag nun verletzt nur ein paar Meter entfernt. Beim Gedanken an einen Unfall wurde Namensuchmann schmerzlich bewusst, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, was überhaupt passiert war. Waren sie gegen ein Hindernis gestossen? Oder einfach von der Straße abgekommen? Beim Fahrstil seines seltsamen Chauffeurs wäre das durchaus möglich gewesen. Allerdings, das musste Namensuchmann zugestehen, schien der Fahrer sein Handwerk ziemlich gut zu beherrschen. Falls es überhaupt sein Handwerk war, spann Namensuchmann den Gedanken weiter. Er rieb seine Schläfen und fuhr sich vorsichtig über die Stirn, um zumindest für ein paar Augenblicke den Sturzbach der Regentropfen, die sich über seine Stirn ergossen, zu unterbrechen. Die Beule schmerzte und schien etwas größer geworden zu sein.
Die Dunkelheit war perfekt. Namensuchmann erinnerte sich an den Autofahrer, der nachts auf einer Autobahnbrücke eine Panne hatte. Um nicht von nachfolgenden Autos erfasst zu werden, stieg er über die Leitplanke und stürzte in den Tod.
Das Armaturenbrett war vollkommen tot. Namensuchmann tastete nach Schaltern und Knöpfen, drehte hier, drückte dort, doch nichts geschah. Etwas wie ein Handschuhfach schien nicht zu existieren. Unter der Sitzbank befand sich auch keine Taschenlampe. Der Akku seines Handys war leer. Die Jacke hielt weiterhin dicht, doch langsam sog sich das Wasser auf dem Leder voran und fing an, seinen Hosenboden zu durchnässen. Zwischen seinem Jackensaum und den Knien waren seine Hosenbeine längst patschnass. Die Knie selbst waren noch durch das Armaturenbrett vor dem Regen geschützt.
Es war kein kalter Regen. Namensuchmann erinnerte sich an den Monsun in Indien, den er vor so langer Zeit einmal erlebt hatte. Freudiges Herumalbern unter Regentropfen so dick und schwer, dass man manchmal dachte, man wäre unter Wasser und unwillkürlich den Atem anhielt. Jemand war damals bei ihm gewesen. Ihm fiel der Name nicht mehr ein.
Sitzenbleiben oder Aussteigen.
Namensuchmann überlegte, wie sich wohl ein Abgrund anhören würde. Um ihn herum hörte er die Regentropfen nicht nur auf das Blech hämmern, sondern auch in anscheinend ausgedehnte Pfützen pladdern. Er schloss die Augen und versuchte sich auf den Raum um ihn herum zu konzentrieren. Vielleicht meldete sich ja ein bisher verborgener Sinn, der auf freie Räume reagierte. Nichts.
Schall! Echo! Namensuchmann fuhr wie elektrisiert zusammen.
"Haaallooooo. Haaaaaallooooooooo"
Fast erschrak er beim Ertönen seiner Stimme. Sie klang seltsam. Wie in einem geschlossenen Raum. Von einem Hall oder einem Echo keine Spur.
Die dicken Regentropfen wirken auf den Schall wie eine solide Wand, sagte sich Namensuchmann einerseits aus Überzeugung und logischer Überlegung, andererseits aber auch, um seine wieder etwas ansteigende Panik zu beruhigen.
Ich sollte aussteigen.
Langsam öffnete er die kleine Klappe, die als Tür fungierte, drehte sich auf seinem Sitz zur Seite und rutschte etwas in Richtung der Öffnung. Langsam hob er einen Fuß nach draußen und ließ ihn zu Boden sinken. Er versank bis über die Knöchel in bladderndem Wasser. Dann der zweite Fuß. Dann stand Namensuchmann auf, aber nicht ohne sich weiterhin an der Türklappe festzuhalten. Ein stehendes Gewässer machte einen drohenden Abgrund etwas unwahrscheinlicher, aber nicht unmöglich. Vorsichtshalber beschloss Namensuchmann, sich auf seine Knie niederzulassen und das Terrain kriechend zu sondieren. Auch seine Hand versank bis zum Handgelenk im Wasser. Mit der anderen hielt er sich immer noch an der Tür des Bentleys fest. Dann ließ er los. Auf allen Vieren kauerte er im Wasser, der Regen prasselte auf seinen Rücken.