Mittwoch, 28. März 2012

Tee mit Brise



Über mir hoch im Baum weilt

Gottheit, starr und von Ästen durchdrungen.
My Goddess of Branches.
Wie leise ist dein Wimmern
ein Wehen nur, ein Flirren
Sehnsucht nach Poesie und sowas wie Frieden
wärmende Sonne auf blasser Winterhaut
kalter Morgenwind, Gedanken die taumeln
und stolpern über Zeitungsgeflatter und
Gänsehaut. Über mir hockt die Zeit, weit
zurückgelehnt und schwitzend.
Bist du Freund oder Feind?

"Ich bin wie du"

Sonntag, 18. März 2012

Brehms Tierleben, mit Entenscheisse nachgestellt

Heute: Flughörnchen (Pteromyini)




(die Darstellung eines Riesengleitbeutlers folgt baldmöglichst)

Donnerstag, 15. März 2012

Feierabend



Der Tag landete mit einem doppelten Rittberger vor meinen Füßen. Bevor er sich wieder aufrappeln konnte war ich schon über ihm und drückte ihm mein Knie ins Kreuz.

"Gibst du auf?" brüllte ich vornübergebeugt in sein Ohr.

"Nein, niemals!", keuchte er zurück. "Es sei denn du erzählst mir jetzt eine Story übers Brötchen holen in dieser seltsamen Backstube die du als deine Lieblingsbäckerei bezeichnest. Aber ohne zwischendurch zu jodeln"

"Was..." wollte ich gerade fragen und löste vor Verblüffung über das ungewöhnliche Begehr des unter mir wimmernden Tages ein wenig meinen Klammergriff. Das genügte dem Tag jedoch schon um sich herauszuwinden, aufzuspringen und in einer Wolke aus Staub und Asche davonzurennen. Ich hustete und fluchte und vollführte ohne zu Zögern eine Reihe von dreifachen Toeloops, doch von dem Tag war nichts mehr zu sehen. Der Staub und Dreck, den er bei seiner Flucht aufgewirbelt hatte, begann schon wieder in kräuselnden Spiralen dem Erdboden entgegenzusinken. Ein schönes Bild, dachte ich mir im Fluge und beschloss, es noch eine Weile auf mich wirken zu lassen.



Dienstag, 13. März 2012

Nach oben schauen


Heute kommen sich Jupiter und Venus am Abendhimmel am nächsten. Wer in den letzten Abenden bei klarem Himmel draußen war, kann die beiden Planeten am Westhimmel nicht übersehen haben. Der hellere der beiden ist Venus, der Abendstern. Ein Schwesterplanet der Erde, fast so groß, aber mit einer Atmosphäre aus Kohlendioxid und Schwefelsäure gesegnet die schwerer ist als alle irdischen Ozeane zusammen. Dazu eine Oberflächentemperatur von fast 500° Celsius. Eine Höllenwelt, strahlend weiß gleissend am Abendhimmel. Daneben Jupiter, viel größer als Venus, ein Monsterplanet, aber viel weiter weg, daher nicht ganz so hell strahlend. Ab morgen wird der Abstand zwischen den beiden am irdischen Abendhimmel wieder zunehmen, was schön zu beobachten sein wird.


Knapp darunter balkenförmige Gedankenstrukturen, an denen sich die Glücksmomente abseilen wie Frühlingsspinnen von der Wäscheleine. Oder wie Eliteeinheiten von ihren einschwebenden Helikoptern. Zwischen den verschwommenen Balken sowas wie blauer Himmel, oder Sehnsucht, oder Vakuum, völlig unbeeindruckt von den grobstolligen Sohlen und dem Kampfgebrüll.

Ich fand´s krautig in deinem Bett.

Hä? Was soll denn das bedeuten? Hatte doch extra die Bettwäsche gewechselt.

Asche. Sand. Vulkanismus und Feuer. Alles vereint zu infernalischen Mustern auf einem nackten Körper. Mondlicht, und das nicht zu knapp. Schlingpflanzen haben unter der Bettdecke nichts verloren.

Ich drehe und wickle mich. Ist dir das nicht recht?

Meine Hand berührt eine seufzende Stelle, mit Getöse bersten Balken und Gestein. Wie alles wegstrebt vom Hier ist schon äusserst seltsam. Wie ein Schlag mit einem verdorrten Ast ein Blick in die Zukunft. Doch zu weit geschaut, ein Elementarteilchen pro Kubiklichtjahr kann nicht mehr viel erzählen.

Freitag, 9. März 2012

Alternative Szenen der Weltliteratur, mit Entenscheisse nachgestellt

Heute: Besuch einer neugierigen Giraffe beim Kleinen Prinzen auf seinem Asteroiden. (Rechts im Hintergrund die kleine Magellansche Wolke, die in Wirklichkeit allerdings nicht aussieht wie ein Wurm mit Brille)


Dienstag, 6. März 2012

Abspann



Erbarmungslos, Unforgiven, ist ein Western von und mit Clint Eastwood. Er hat den Film 1992 nicht nur produziert, sondern führte auch Regie und spielte die Hauptrolle. In den Kategorien Bester Film, beste Regie und beste männliche Nebenrolle gab es sogar Oscars. Natürlich wird in dem Film tüchtig geballert und gestorben, aber was ihn so ganz aussergewöhnlich macht sind nicht die Oscars oder die gebrochene Ironie des Westerngenres, sondern ein Moment absoluter Schönheit, ein Moment von
Satori.

Man sitzt und schaut, und plötzlich zieht sich alles glatt, die Gegenwart ist nicht länger eine faltige Verwerfung zwischen gestern und morgen. Die Enge unseres eindimensionalen Zeitstrahls weitet sich auf zu einer Ebene ohne besondere Richtung. Man kann sich hinlegen, egal wie, auch quer zu Zukunft oder Vergangenheit, man kann nach oben blicken oder unten, man kann an Abendrot denken und Wind und den Nachhall von etwas das heilig ist und duftend.
Dieser Moment der Schönheit findet sich allerdings erst im Abspann des Films. Im Kino dürften ihn die wenigsten bemerkt haben, und selbst ein gestandener Abspannsitzenbleiber wird ihn leicht verpassen inmitten der Mantelanzieher und Sitzreihendrängler. In mich kam dieser Moment erst nur langsam eingeschlichen, anfangs unbemerkt, und doch ahnte ich sofort, dass irgendetwas passiert sein musste, dass irgendetwas anders geworden war. Ein Gefühl unverstellter, reiner Leere, bar jeden Ballastes, bar jeder Störung, unendlich Platz bietend ohne Zwang zur Befüllung.

Zu sehen ist ein weiter Horizont unter einem wolkig-blauen Abendhimmel. Das letzte Licht des Tages hat sich zurückgezogen zu einem schmalen rötlichen Streifen über dem Horizont. Aus dem dunklen Vordergrund ragt scherenschnittartig ein altes, windschiefes Farmhaus in die Höhe, kaum mehr als ein Schuppen. Rechts dahinter, direkt dem Horizont entwachsend, ein kahler Baum und drei Grabsteine, vor denen eine aufrechte Gestalt steht. Es ist William Munny, ein gealterter und ehemals berüchtigter Revolverheld, der vor dem Grab seiner Frau steht.
Das Bild wäre völlig statisch, wäre da nicht die Wäsche, die an einer gespannten Leine hängend im Abendwind flattert. Abendwind! Die herrlichste Manifestation bewegter Luft. Normalerweise erlahmt die Kraft des Windes wenn die Sonne untergeht und ihre Wärmestrahlen keine Thermiken und Turbulenzen mehr erzeugen. Weht der Wind aber trotzdem weiter oder frischt sogar noch auf, dann weiß man, dass etwas ganz Besonderes im Gange sein muss. Dann heißt es hinausgehen und lauschen und etwas berühren das wichtig ist.

Musikalisch untermalt wird die Szene von einer einzigen Gitarre (Ukulele?), die nur ein paar wenige Griffe zu einer melancholischen Melodie arrangiert.

Dann plötzlich ist die Gestalt unter dem Baum verschwunden und mit ihr die Wäsche samt Wäscheleine. Es ist zu vermuten, dass William Munny nun unter der Erde liegt bei seiner Frau, und mit ihm ist jede Dynamik aus der Welt gewichen. Sie ist zu einem Stillleben geworden, einem Gemälde gefrorener Zeit. Da sich nichts menschliches mehr bewegt in dem Bild, weiß man nicht, wieviel Zeit bis zu diesem Stillstand vergangen ist. Es könnten Jahre sein, Jahrzehnte, doch das spielt keine Rolle. Das Jetzt wurde glattgestrichen, die Grenze zwischen gestern und morgen ist nicht mehr wichtig. Die Wäsche flatterte auf und ab wie die Kurve eines EEGs auf einem medizinischen Monitor. Dann bewegt sich nichts mehr, selbst das Licht des Abendrots scheint stehengeblieben zu sein. Einzig die vorsichtig angeschlagenen Saiten der Gitarre scheinen davon unberührt, sie nehmen keinerlei Notiz von der Veränderung. Aber das ist ja schon lange klar; Musik die trägt über alle Zeiten.

Ein paar Takte sind hier zu hören:


Der Ausschnitt ist leider arg kurz, dafür flattert die Wäsche schön im Wind.

Hier kann man etwas länger zuhören, allerdings nur bei Standbild:


(Bitte bei 0:30 abbrechen, da es danach in einem unerträglichen Maße künstlich aufgepeppt und verschmalzt wird)


Sonntag, 4. März 2012

Supermarkt

Es war mal wieder an der Zeit, an den Netto-Markt zu denken in dem Mischgebiet. Halb Gewerbe-, halb Wohngebiet. Fußläufig zu erreichen. Doch sogleich war mir nach einem schwarzen Quadrat zumute, das genauso dringend mal wieder gedacht werden wollte. Leicht erhaben, als ob man es jederzeit vom Papier kratzen könnte.
Über dem Netto, in westlicher Richtung, in der heraufziehenden Nacht zwei gleissend helle Sterne. Links oben Jupiter, rechts unten Venus, der Abendstern. Nicht zu übersehen dieses Duo.




Der Netto ist natürlich geschlossen, denn es ist Sonntag. Und nicht nur das. Es ist auch spät abends, plötzlich, ohne mein Zutun. Einen Fuß vor den anderen setzend versuche ich Vogelstimmen zu imitieren, doch aus meiner Kehle kommen nur Liebesschwüre; ungerichtet, ungewollt, mit breiter Streuung quer durch meine Erinnerungen. Jupiter und Venus sind verschwunden, untergegangen zwischen rotgrauen Satteldächern und Hausgiebeln, unter denen verschwommen gelebt wird.
Wie schön sind die Dinge, wenn sie plötzlich verschwinden. Ihr Echo hinterlässt ein Erschauern, ein leises Sehnen, das zieht und summt und winzige Teilchen von mir fortträgt in einem nichtendenwollenden Strom. Ausgedünnt bietet man selbst dem stärksten Orkan kaum noch Widerstand, wütend tobt er von dannen, anderes zu entzweien.