Donnerstag, 23. August 2012

Salty Time



Ich möchte  mich in Worte kuscheln, an Bildern irre werden und Musik verschlingen bis die Explosionsfetzen davonfliegen wie Galaxien in ein zuckendes Universum. Liegst irgendwo rum, nackt und willig, doch ich weiß nicht, wo. Und wenn ich´s wüßte würde es mir den Verstand durchbrennen wie eine Acetylenflamme die Aluminumfolie meines Gedankenschutzhelms. Ein Wasserfall aus lauter ausserirdischen Körpern, schwarz und multigliedrig, mit beruhigendem Rauschen den Bombenschächten entweichend, grünen Wiesen und gelbem Weizen entgegensinkend. Ich wende das Gesicht ab und lese schreiend mathematische Formeln aus meiner uralten Formelsammlung vor, mein Speichel sprüht und klatscht gegen den schwarzen Grabstein, doch nichts geschieht.

Doch. Jetzt bricht der Grabstein ab und taumelt wie in Zeitlupe in die Tiefe, schnell kleiner werdend. Den Platscher, wenn er in den Ozean aus Zeit knallt werde ich hier oben nicht hören, doch vielleicht sehe ich ihn als kurzes Aufblitzen der Gischt in der Abendsonne. Ich beuge mich vor und schreie ihm noch drei Feldgleichungen hinterher bis der Wind mir einen dünnen Speichelfaden von den Lippen weht. Zum Glück dachte ich an die Kühlbox mit dem Bier. Ich klappe den Deckel zurück und hole mir eine kühle Flasche heraus. Ich haue den Kronkorken an der Kühlboxkante ab, auch er verschwindet taumelnd in der Tiefe, merkwürdig langsam. Am Horizont die schwarzgegliederten Wasserfälle, fast verborgen hinter blauem Dunst. Ich proste dem Himmel zu und leere die erste Flasche.

Zeit im Überfluß, doch wie das Salzwasser im Meer ungenießbar. Milliarden und Billionen Jahre, doch unser ist nur der Regen, winzige Zeitropfen, die wir begierig mit hohler Hand auffangen um unsere Lippen zu benetzen derweil die salzige Zeit brandet und wütet gegen blutige Klippen.

Mittwoch, 8. August 2012

Samstag, 4. August 2012

Lieblingsgetränke der Deutschen, schreiend im Weltall


 Heute: Bier (beim Gedanken, dass der nächstgelegene Bayer 13 Billionen Kilometer entfernt ist)


















Donnerstag, 2. August 2012

Der kleine Asteroid

Die Kilometer jagen unter Namensuchmanns Auto hindurch, doch nur fernes Rauschen und leises Summen zeugen von der Abwesenheit des Stillstands. Die Uhr zeigt 0:32 Uhr. Die Scheinwerfer schneiden gierige weiße Kegel in die samtene Dunkelheit.

"Jetzt ist der Zeitpunkt", überlegt sich Namensuchmann. 

Jede Nacht um 0:32 Uhr springt die alte amerikanische Stereoanlage in seinem Schlafzimmer an, um dann um 2:32 Uhr wieder zu verstummen. Sämtliche Versuche, die Timerfunktion auszuschalten waren fehlgeschlagen, denn eine Gebrauchsanweisung lag nicht bei, als sie in der Umzugskiste aus New York angekommen war.
Natürlich ist es jetzt dunkel in dem Haus, denn Namensuchmann ist unterwegs. Er beugt sich etwas vor, um über das Lenkrad gekrümmt steiler in den Himmel schauen zu können. Dort ist Polaris, der Nordstern, also fährt er nach Norden, zumindest so viel ist klar. Irgendwo hinter ihm, südwärts, leuchtet der Mond hell am Himmel. Zu Hause scheint er jetzt durch das Fenster in das Schlafzimmer, füllt es aus mit seinem Schein, vermischt mit dem Glimmen der grün-gelb-roten Kontrollleuchten der Musikanlage. 
Der Moderator im Autoradio kündigt Mike and the Mechanics an, A Beggar on a Beach of Gold. Es ist derselbe Sender, der auch zu Hause eingestellt ist. "I´m a beggar, I´m sittin´ on a beach of gold", singt jetzt Mike Rutherford in dem stillen, dunklen Haus. Ob sich Gespenster versammeln zu jenen Nachtstunden, fahlgrün und rot angestrahlt von den Kontrollleuchten, um stumm und dumm den Liedern und schrägen Witzen des Moderators zu lauschen? Wie klingen Lieder, wenn niemand sie hört?

Jedes Mal, wenn Namensuchmann darüber nachdenkt, fühlt er sich an das leise Summen des kleinen schwarzen Steins erinnert, der irgendwo draußen zwischen Epsilon Eridanii und Mira durch das Weltall trieb. Schwarz wie das Universum selbst und mit der kleinen Schramme, die entstanden war als Namensuchmann damit seine Bierflasche geöffnet hatte.

"Seltsam", denkt sich Namensuchmann, während er zum überholen eines holländischen Kühllasters ansetzt, "warum habe ich den Stein nicht mitgebracht?"

Mit einer achtlosen Handbewegung hatte er ihn in die dunkle Schwerelosigkeit geschnippt, hatte ihn auf die lange Reise nach Hause geschickt, in Richtung Terra, System Sol. In knapp achthundert Millionen Jahren wird er dort, bzw. hier eintreffen, wenn die Erde ihre letzten heissen Atemzüge keucht und die Sonne breit und feist und heiß am Himmel hängen wird. Namensuchmann wird auf den Stein warten. Lauschend. Sein leises Summen ist schließlich schon zu hören.