Einer dieser Sonntage auf dem Land.
Wolkenloser Himmel, eventuell mit einigen Cumulus-Schönwetterwolken.
Diese flockigen Gebilde mit flacher Unterseite, als lägen sie ermattet
auf einer unsichtbaren Decke aus etwas, das nach Zukunft riecht und
einem oben am Kopf kitzelt. Ein leichter Wind weht und bringt die
Baumkronen zum rascheln. Jetzt fehlt nur noch der irgendwo weit oben
brummende Freizeitflieger. Und das Huhn, das müde in seiner Sandkuhle
liegt und ein Sonnenbad nimmt. Ab und zu summt eine Fliege vorbei.
Ruckelnd, doch lautlos kommt die Zeit zum Stillstand. Die Wellenfronten
aus purer Realitätwerden um mich herumgespiegelt, Dinge werden und geschehen und vergehen an anderen Orten, zu anderen Zeiten.
"Du
hast eine Haut wie ein Baby", sagt sie, während ihre Hand auf meinem
Bauch ruht. Ihre Finger bewegen sich, grabbeln um meinen Bauchnabel um
ihre Worte zu unterstreichen. Ich denke an Gilbert Bécauds "L´important,
c´est la rose" und das Video, das ich kürzlich im Inet gefunden hatte. Die
Tonqualität ist schlecht, doch auf eine Art schlecht, die mich wohlig
erschauern lässt. So ähnlich muss sich ein Zeitreisender anhören, der
aus fernen Zeiten eine Botschaft in die Gegenwart herüberrufen möchte.
Oder muss. Weil er gefangen ist oder die Welt vor einer gefährlichen
Kurve warnen muss. Gedämpft. Aus einer vergangenen Zeit. Aus Paris. Dem
schwarzweißen Paris, mit Haaren unter den Armen und starken Zigaretten
und Rauch und Kaffee auf kleinen runden Tischchen. Ein Paris des
Begehrens und des Begehrtwerdens. Chansons von Bécaud und Piaf, zum
auswendiglernen schön. Die Zeit dreht sich nun etwas, driftet,
wie schwerelos unter diesem Himmel, in den man fallen könnte ohne
Aufschrei und ohne Reue. Ja, da ist dieser Körper, der in dieser Phase
ohne Zeit fast durchscheinend wirkt, wie eine Projektion von einem
entfernten Ende des Universums, durch unglaubliche, haarsträubende
Zufälle neben mich hingespiegelt, Worte und Berührungen aussendend,
duftend und warm. "L´important, c´est la rose, l´important, c´est la rose, l´important, c´est la rose, croi moi"
Die Nacht war leise, fast lautlos. Das einzige Geräusch war das fast flatternde Lodern der Flammen. Der Wind schlug wie mit einer Riesenfaust das kleine Feuer mal in diese Richtung, dann wieder in die andere. Doch die kleine Sandkuhle, in der Namensuchmann es entfacht hatte, bot genügend Schutz sodass es nicht erlosch. Der weiße Sand leuchtete matt im Sternenlicht, doch ob Wüste oder Strand, das wusste Namensuchmann zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Am Himmel, nahe des Ochsentreibers, war der kleine gleissende Punkt der fernen Erde zu erkennen. Namensuchmann starrte in die Flammen und spürte ihre Wärme an seinen nackten Füßen. Der Wind war kühl und roch nach Zeit, die zu lange an einer rauhen Stelle der Gegenwart hängengeblieben war. Wenn die Sterne vor ihrem nachtschwarzen Hintergrund zu tanzen begangen schaute er auf und versuchte, den Kurs des vorbeifliegenden Schiffes zu erahnen. Sie waren durchsichtig, die Schiffe der Aliens, man sah sie nur, wenn man nicht direkt hinsah, sondern knapp daran vorbei. Wieder eines, lautlos, und es flog in Richtung Erde. Namensuchmann zog seine Jacke enger um sich und grub seine Zehen etwas weiter in den warmen Sand. In der Kühltasche war noch Bier, abgefüllt in richtigen Flaschen aus braunem Glas. Namensuchmann öffnete den Kronkorken und schnippte ihn über den Rand der Sandfläche, wo er in einem hohen, aufsteigenden Bogen ausser Sicht taumelte. Er prostete dem kleiner werdenden Alienschiff hinterher und leerte die Flasche fast mit einem Zug.