Mittwoch, 27. März 2019

Gnom oder Zwerg?

Die Romantik simmerte leise röchelnd, an Zwiebeln und Möhren, auf dem Herd vor sich hin. Romantik meint, Meeresbrandung eignet sich immer, um das Rascheln von Engelsflügeln aus der Sicht eines Flohs zu beschreiben.

"Beschreiben!", rief der Gnom begeistert, "beschreiben! Herrlich. Jeder andere hätte "lautzumalen" geschrieben, `um das Rascheln von Engelsflügeln aus der Sicht eines Flohs lautzumalen´, oder.... hm .... oder...." Er schaute über die Straße. Auf der anderen Seite ging ein Mann. Er hielt sich seine blutende  Schulter und war  völlig durchnässt. Ein Windhauch trug den schalen Gestank von altem Bier herüber. Der Mann schaute immer wieder ängstlich über die Schulter, als ob er verfolgt würde. 

"Menschen, die verfolgt werden", sagte der Gnom nun, "sind meistens Quell unerwarteter Ereignisse. Insbesondere, wenn sie sich die Schulter halten, als hätten sie eine Schusswunde."

"Ich bin es so müde", röchelte die Romantik nun, "Schusswunden, Gnome.... das ist doch alles eine große Scheiße!"

Aber man kann nichts machen. Nichts tun. Was man tut, breitet sich zu einem dünnen Film, nur wenige Mikrometer dick, und kriecht unter das Frühlingslicht. Der Gnom hebt seinen linken Fuß und schaut sich die Schuhsohle an. Er setzt sich auf den Bordstein, sieht dem verwundeten Mann hinterher, der um die nächste Hausecke taumelt, den Bierdunst mit sich nehmend, und fängt an zu singen. Eine melodische alte Weise aus uralten Zeiten, als es noch Kriege gab und Reisen bis ans Ende der Welt und darüber hinaus. Nichts weiter geschah. Keine unerwarteten Ereignisse. Auch keine erwarteten. Frühlingsdunst zwischen leeren Häusern. Parkgaragen, mit riesigen Mäulern in ihrer Gier erstarrt, geben sich plötzlich zufrieden und satt. 

Niemand folgte dem Verwundeten. Nichts geschah. Licht, Dunst und tote Gier waren in der Zeit gefroren. Auch der Gnom kam nun zur Ruhe, seine Bewegungen wurden immer bedächtiger und langsamer. Er konnte kaum noch singen, kaum noch sprechen, aber das war nicht schlimm, da er überhaupt nichts zu sagen hatte und das alte Lied längst zu Ende war. Doch nun formten seine Lippen ein paar letzte Worte, ehe das Frühlingslicht die Wirklichkeit glasierte.

"Du....solltest....nicht....das Sch-Wort....sagen!" Damit ward das letzte Wort gesprochen, und die Welt gefror.






Donnerstag, 21. März 2019

Im Café

Frau geht über die Straße.
Mann schaut ihr nach.

Mann geht über die Straße.
Frau schaut ihm nach.

Mann und Frau.
Blutbadende

Namensuchmann tippte sich versonnen mit dem Radiergummi seines Feinminenbleistifts an die Oberlippe. Für ein Haiku war das Ding zu lang. Und für einen Liebesroman etwas zu kurz. Was es brauchte, war eine kleine Nebenhandlung, die sich spielerisch um das eigentliche Drama herumwand und dem Plot im entscheidenden Moment eine unerwartete Wendung verpasste. Oder auch nicht. Bloß nicht verzetteln. 

Der Ober kam an das Tischchen und brachte Namensuchmann eine neue Tasse dampfenden Kaffees. Als er sie abgestellt und stattdessen die alte Tasse auf sein kleines silbernes Tablett aufgeladen hatte, beugte er sich elegant gespannt, wie ein elastisches Winkemännchen, über Namensuchmanns Schreibblock.

Hm, gefällt mir. Ich würde aber noch etwas an der Charakterbildung arbeiten.“

Namensuchmann hob seinen Blick nicht zum Ober, sondern beugte sich nach vorne und trommelte mit dem Bleistiftradiergummi auf den Block.

Eigentlich ist er fertig.“

Er?“, fragte der Ober.

Ja“, sagte Namensuchmann verwundert, „der Roman. Er.“

Achso“, rief der Ober, „ich mag Romane lieber, wenn sie etwas länger sind.“

Nun schaute Namensuchmann doch noch zu ihm auf. Neben seinem unbequemen Bistrostuhl, immer noch das kleine Tablett mit der leeren Tasse in der einen Hand, die andere lässig auf der Stuhllehne geparkt, stand Zombie. Und oben, auf seiner Schulter, saß sein Engel und besorgte das Reden in Obersprache. Namensuchmann bemerkte leicht indigniert, dass der Engel knapp davor war, loszuprusten. Glücklicherweise war der Zombie von oben bis unten recht stramm in Frischhaltefolie eingewickelt, was ihn fast wie eine Mumie erscheinen ließ. Das machte der Engel immer, wenn sie unter Leute gingen, wegen des Gestanks.




Dienstag, 12. März 2019

Vorfahren des Menschen, schreiend im Weltall

Heute: Homo sapiens (beim Versuch, die Planeten des Sonnensystems auszurotten)

Dienstag, 5. März 2019

Wind, Sand und ein Glas Bier



Mein Haus mein Haus
hat schräge alte Mauern
doch sie stehen stark und dick
aus alter Zeit

Heere zogen in den Krieg
durch mein Haus
durch mein Haus

Die Mauern hielten und schwiegen
und schwankten nie während
ich schlief und ruhte
und träumte in den Mauern

Namensuchmann fühlte den vom vergangenen Tag noch warmen Sand unter seinem nackten Hintern. Die Nacht war sternenklar und mild.

Oben trieb der Engel rücklings schwebend durch die Stratosphäre. Mit seinem guten Fernglas konnte Namensuchmann sehen, dass der Engel ein großes Glas Bier auf seiner Brust balancierte. Wo war die Flasche dazu? Oder der Zapfhahn? Und wieso konnte Namensuchmann von unten auf die Engelsbrust sehen? War der Engel in Wahrheit ein Neutronenstern, dessen gesamte Oberfläche aufgrund der Raumkrümmung fast komplett zu sehen ist, auch wenn man sich nicht um ihn herumbewegt? Das hielt Namensuchmann für einigermaßen unwahrscheinlich, dafür war er schon zu oft nur auf Armeslänge von dem Engel entfernt gewesen ohne von dessen Schwerkraft eingesaugt zu werden. Es musste eine andere Erklärung geben.
Derweil Zombie oben in der Umlaufbahn seine Runden drehte, immer noch sanft von der längst untergegangenen Sonne angestrahlt. Sein marsrotes Glühen stand dabei in schönem Kontrast zur weißblau strahlenden ISS, die ihm immer noch um einige Bogengrad vorausflog. Aber er holte auf.

Nein Nein Nein. Eine knusprige Schale aus degeneriertem Elektronengas? Fuck off, bloody creepy Neutronensterne, man kann alles übertreiben!

Mein Haus mein Haus
mit seinen schrägen alten Mauern
steht wie ein fauler Zahn
auf dem Berg Bingotzdameh.

Ich verstecke mich im Gebälk,
derweil unten riesige Heere
durchziehen in den Krieg.

Das Haus vibriert fast unmerklich
im Wutdunst und der Panik
der Soldaten.

Angst, zu fallen zu fallen zu fallen


Mein Haus mein Haus
mit dicken schiefen Mauern
auf Fundamenten die einst
ganze Himmel trugen

Die Himmel sind vergangen
die Mauern geblieben
ich zog ein und zimmerte
ein Dach aus Holz und Licht

Droben schweb ich nun im Stillen
während unten die Heere durchziehen
in ferne Kriege durch mein Haus
durch mein Haus

Lanzen und Gewehre
Bogen und Raketen
ein Rasseln wie ein krankes Herz
durch mein Haus

Durch mein Haus
weht Sternenlicht wie Sumpfnebel
ich knüpfe und nähe mein Segel
aus Staubfahnen und Träumen


Mein Haus mein Haus
mit Mauern dick wie Zyklopenbeine

Namensuchmann platzte der Kragen:

ICH SCHEISSE AUF DEINE HÜTTE EINEN RIESENHAUFEN, WENN DU JETZT NICHT MAL FÜR FÜNF MINUTEN DIE KLAPPE HÄLTST!“

Stille. Der Nachtwind wehte kleine Sanddünen um Namensuchmanns nackten Hintern. Die Marschlieder, das monotone Dröhnen der Kampfstiefel und das Klappern der Rüstungen waren verklungen. Er sank nach hinten und legte sich lang in den Sand. Oben trieben seine Freunde.


Freitag, 1. März 2019

Phänomene der Zeitgeschichte, schreiend im Weltall

Heute: Gendersternchen und Binnen-I (beim Versuch, sich zwischen die Ringe des Saturn zu quetschen)