Donnerstag, 21. März 2019

Im Café

Frau geht über die Straße.
Mann schaut ihr nach.

Mann geht über die Straße.
Frau schaut ihm nach.

Mann und Frau.
Blutbadende

Namensuchmann tippte sich versonnen mit dem Radiergummi seines Feinminenbleistifts an die Oberlippe. Für ein Haiku war das Ding zu lang. Und für einen Liebesroman etwas zu kurz. Was es brauchte, war eine kleine Nebenhandlung, die sich spielerisch um das eigentliche Drama herumwand und dem Plot im entscheidenden Moment eine unerwartete Wendung verpasste. Oder auch nicht. Bloß nicht verzetteln. 

Der Ober kam an das Tischchen und brachte Namensuchmann eine neue Tasse dampfenden Kaffees. Als er sie abgestellt und stattdessen die alte Tasse auf sein kleines silbernes Tablett aufgeladen hatte, beugte er sich elegant gespannt, wie ein elastisches Winkemännchen, über Namensuchmanns Schreibblock.

Hm, gefällt mir. Ich würde aber noch etwas an der Charakterbildung arbeiten.“

Namensuchmann hob seinen Blick nicht zum Ober, sondern beugte sich nach vorne und trommelte mit dem Bleistiftradiergummi auf den Block.

Eigentlich ist er fertig.“

Er?“, fragte der Ober.

Ja“, sagte Namensuchmann verwundert, „der Roman. Er.“

Achso“, rief der Ober, „ich mag Romane lieber, wenn sie etwas länger sind.“

Nun schaute Namensuchmann doch noch zu ihm auf. Neben seinem unbequemen Bistrostuhl, immer noch das kleine Tablett mit der leeren Tasse in der einen Hand, die andere lässig auf der Stuhllehne geparkt, stand Zombie. Und oben, auf seiner Schulter, saß sein Engel und besorgte das Reden in Obersprache. Namensuchmann bemerkte leicht indigniert, dass der Engel knapp davor war, loszuprusten. Glücklicherweise war der Zombie von oben bis unten recht stramm in Frischhaltefolie eingewickelt, was ihn fast wie eine Mumie erscheinen ließ. Das machte der Engel immer, wenn sie unter Leute gingen, wegen des Gestanks.




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