Samstag, 25. September 2010

Es kommt direkt auf mich zu


Kleinen Bäumchen, deren spärliches, gelbrot gefärbtes Herbstlaub leise vor tiefblauem Sonnenhimmel klappert und raschelt, kann man sich nur torkelnd nähern, Wahnsinn und Monsterhaftigkeit simulierend, am besten noch lebhaft knurren und mit den Armen rudernd. Dann auf die Knie fallen und die Stirn aufs warme Gras drücken.


Donnerstag, 23. September 2010

Wenn´s regnet (IV)



"Sie konnte sie spüren"

"Sie?"

"Ja. Die Welt. Sie konnte die Welt spüren. Tief drinnen."

"Ich spüre die Welt auch. Den Fahrtwind, den Regen, die Kälte. Ich glaube, ich spüre sogar die Dunkelheit."

"Sie konnte spüren, wie sich die Welt fühlt"

"Oh, das war bestimmt nicht sehr angenehm. Die Welt fühlt sich bestimmt beschissen."

"Nein. Sie sagte immer, die Welt fühle sich beseelt. Und wohlig."

"Seltsam. Aber wer ist überhaupt `sie´? Von wem reden Sie?"

"Meine Liebste. Sie hatte auf dieser Straße einen Unfall. Vor genau einem Jahr. Es war genau dasselbe beschissene Wetter, dieselbe Nacht. Ich glaube, es war sogar derselbe Planet."





Montag, 20. September 2010

Klebriges Ende


Wenn man in der langsam Kraft gewinnenden Morgensonne sitzt und seinen Morgentee mit Honig genießt, dann ist natürlich auch die erste Wespe nicht weit. Um ihrem ermüdenden Unterfangen, so lange um das Honigglas herumzubrummen, bis sie eine Stelle zum Eindringen findet, ein Ende zu setzen, lasse ich einen kleinen Klecks Honig auf ein abgefallenes Pappelblatt triefen und lege es in einigem Abstand neben mich auf die Bank. Die Wespe fliegt hin, setzt sich auf das Blatt und saugt gierig am Honig. Ihr Hinterleib zuckt in ekstatischer Verzückung. Sie fliegt weg, und ich warte auf ihre Kameraden. Eine kommt angeflogen, aber die ist schon etwas irre, brummt taumelnd wie die Hand eines Dirigenten über dem Honigklecks hin und her, dann zu mir, um das Honigglas, ich verscheuche sie. Wieder zum Honigklecks, wieder ein paar Mal hin und her, dann platscht sie mitten in den Klecks hinein, beginnt zu saugen und zu zucken. Als sie merkt, dass sie über alle Pfoten im Modder steckt, wird sie etwas nervös und versucht zu starten, lange bevor sie satt ist. Sie schafft es, fliegt davon. Vermutlich hat sie noch ein paar Tage zu leben, ehe sie programmgemäß sterben wird. Ich fände es unheimlich bescheuert, meine letzten Tage mit klebrigen Extremitäten verbringen zu müssen. Ihre Vorderbeine kann sie ja ablecken, aber den Rest? Unangenehme Vorstellung.


Donnerstag, 9. September 2010

Mittwoch, 8. September 2010

Wie ich mir als Kind die Hölle vorstellte




Sie schwebte etwa auf halbem Wege zum Himmel hinauf. Meistens, eigentlich immer, guckte der Teufel etwas gelangweilt, während er so unter dem Eingang stand. Das Innere war mit roter Stepppolsterung ausgekleidet, die an das Mobiliar in vornehmen englischen Clubs erinnerte.
Tatsächlich war sogar das Innere des Raketenprojektils auf diese Weise ausgekleidet, mit welchem der britische Held einer Jules Verne-Verfilmung zum Mond fliegen wollte.
Die Form der Hölle hatte jedoch keinerlei aerodynamischen Gründe. Es ist sicher kein Zufall, dass sie frappierend der Kanzel in der Kirche ähnelte, in welcher ich als Kind regelmäßig die Sonntagsmesse besuchen musste. Allerdings wurde sie vom Pfarrer nicht mehr benutzt, er predigte von einem Stehpult aus, das vorne neben dem Altar stand.




Dienstag, 7. September 2010

Schöne Welt


Ein Wort zu finden
nur ein allererstes
und es hinsagen und
auf die Reise schicken

Ein Wort nur oder zwei
darauf gebettet
ein erster kleiner Gedanke
kühn und golden im
groben Wellengang die
Welt erkundend

Lärm!

Der Pöbel erhebt sich.
Murrend und gurgelnd und zuckend
einen Mob gebärend mit einem Leib
wie tausend Kettensägen und einem
Gestank nach Hölle und Schrankwand.

An der Küste ein kleiner Gedanke
nach Meer und Veilchen duftend
hoch auf die Klippen geschmettert
die Aussicht genießend völlig
unversehrt, gar lüstern noch.

Die Menschenwalze sich selbst
zermahlend hinter dem Horizont nur
zu erahnen, der Wind ist gnädig
trägt Schreie und Gerüche fort von hier.




Donnerstag, 2. September 2010

Mittwoch, 1. September 2010

Venus am Abend

Für all diejenigen, die Venus nochmals sehen wollen, ehe sie ihr diesjähriges Gastspiel als Abendstern beendet, wird es höchste Zeit!
Es ist zwar noch nicht lange her, nämlich erst am 20. August, da erreichte sie ihren von der Erde aus betrachtet größten Winkelabstand zur Sonne, nämlich knappe 46°. Nun wird der Winkel täglich kleiner, wie man auf nachfolgender Skizze sehen kann.




Die Abstände der Umlaufbahnen sind maßstabsgetreu, auch haben Erde und Venus fast den gleichen Durchmesser. Insgesamt sind die Planeten und die Sonne natürlich viel zu groß dargestellt.
(Das ungehobelte Benehmen des peitschenschwingenden, gepiercten und latexgeschnürten Aliens bitte nicht weiter beachten. Er fühlt sich dadurch lediglich noch mehr angespornt und aufgestachelt
)

Auf der Skizze kann man auch erkennen, dass Venus zur Zeit noch "links" von der Sonne steht. Auf einen irdischen Beobachter übertragen bedeutet das, Venus folgt der Sonne am Himmel nach. Geht die Sonne unter, folgt Venus ihr in entsprechendem Abstand. Beträgt der Winkel Sonne-Erde(Beobachter)-Venus 46°, steht Venus bei Sonnenuntergang noch relativ hoch über dem Horizont. Je kleiner der Winkel jedoch wird, desto tiefer findet man Venus über der Horizontlinie nachdem die Sonne untergegangen ist.
Venus umrundet die Sonne näher als die Erde, ist also einer höheren Anziehungskraft ausgesetzt. Um dennoch nicht in die Sonne zu stürzen, benötigt sie daher eine höhere Fliehkraft, die der Anziehung der Sonne entgegenwirkt. Ihre Bahngeschwindigkeit ist schneller als die der Erde. Daher überholt sie die Erde immer wieder auf der "Innenbahn", wandert also zwischen Erde und Sonne hindurch. Am 29. Oktober ist es wieder soweit. Diese Stellung nennt der Astronom "untere Konjunktion", im Gegensatz zur "oberen Konjunktion", wenn Venus von der Erde aus gesehen genau hinter der Sonne steht.
Wer also die Venus in den nächsten Tagen nochmals sehen will, der merke sich die Stelle, wo die Sonne untergegangen ist. Dann misst man bei ausgestrecktem Arm etwa die Breite von vier Fäusten entlang des Horizonts nach links, und dann etwa eine Faustbreit nach oben. Spätestens eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang und bei freier Sicht kann Venus dort entdeckt werden.