Montag, 7. November 2011

Die Zeit ist ein Texas Ranger


Die Zeit hatte sich als Chuck Norris verkleidet und hielt ein aberwitzig klobiges Gewehr in Händen. Mit einem fiesen Grinsen hob sie das Monstrum an und ballerte mir eine Salve Tage und Nächte ins Gesicht.Dann schmiss sie das rauchende Ding zu Boden, griff hinter sich und holte ein noch monströseres Schießgerät hervor. Dabei hätte die Zeit fast ihr Gleichgewicht verloren, doch nach einem kurzen Ausfallschritt und einem zähnebleckenden Grinsen hinter dem rotbraunen Bart stand sie wieder fest auf den Beinen und feuerte sofort eine Ladung Jahre in meine Richtung. Ich schloss geistesgegenwärtig die Augen, doch das stroboskopartige Geblitze drang durch meine geschlossenen Lider und wurde in meinem Gehirn zu einem Freudenfest bunter Lichtkringel.

Irgendwann war das Magazin leer und Zeit-Chuck schmiss auch die zweite Kanone in hohem Bogen von sich. Sein Gesicht gefiel mir gar nicht. Es sah aus, als würde er gleich losheulen. Und tatsächlich, schon fiel er nach vorne auf seine Knie und verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Sein Körper wurde von heftigen Schluchzern durchgeschüttelt. Ich ging hin, tätschelte ihm den Rücken und sprach ein paar tröstende Worte.



3 Kommentare:

Antirationalistischer Block / Christian Erdmann hat gesagt…

Mir ging das einmal so: Der Alte sagte, seine Knarre heiße Charlton Heston. Ich hatte schnell die Nase voll vom Gefasel dieses gefährlichen Halbirren, und machte mich mit seinem Wagen aus dem Staub. Erst öffnete ich das Handschuhfach – ein paar Skalps und ein paar Handschuhe. Dann öffnete ich den Kofferraum – eine Frau, gefesselt und ohne Handschuhe. Nachdem wir geheiratet hatten, fuhren wir ins Tunnel of Love Motel. Das Neonlichtzeichen blinkte durch die Nacht, und ich wollte mehr über ihre Vergangenheit wissen. Ich selbst tendiere zum Vollschreiben ungeschriebener Zukunft, und es ist gut, manchmal die Richtung zu ändern. "Oh Gideon, willst du das wirklich wissen?" Ambivalenz, verflucht. "Ja." Da schoß sie einen Pfeil durchs Blut der Sonne.


Jetzt bin ich versucht zu glauben, daß der Alte die Zeit war, der alte Verkleidungskünstler eben, und daß das mit Charlton Heston nur ein Ablenkungsmanöver war.

Moves hat gesagt…

Ich denke eher, die Frau ohne Handschuhe im Kofferraum war die Zeit in Verkleidung, und der Alte war heute morgen noch die Nummer 4 auf der Frühchenstation im County-Hospital in Butte, Montana. Lautlos unter Glas schrie er sich den Frust aus der kirschroten schrumpeligen Kehle angesichts der Aussicht, das 22. Jahrhundert erleben zu müssen und verflucht nochmal niemals seinen Fuß auf einen sauberen Sandstrand setzen zu können. Als die Zeit in Gestalt dieser Irren hereingestolpert kam auf der Flucht vor einem unplanmäßig kollabierenden Universum den Brutkasten umrannte und in einem völlig atypischen Reflex nach dem zu Boden fallenden Baby griff das in ihren Händen zu einem mürrischen Alten sich entschrumpelte der schimpfend und mit nach Whisky stinkendem Atem ihr derbe Montanaflüche ins Gesicht bellte. Sie ließ ihn dennoch unversehrt zu Boden gleiten wo er sich sofort berappelte und sie als Geisel nahm für alle Fälle man konnte ja nie wissen hielt ihr ein Skalpell an die pochende Halsschlagader während er sie mit Mullbinden und Gummischläuchen fesselte und nach draußen zerrte auf den Parkplatz wo er das unverschlossene Auto fand mit der Knarre die sich Charlton Heston nannte aber sonst nichts weiter sagte, dabei war dem einen Tag alten Alten durchaus nach Reden zumute schließlich hatte er enormen Nachholbedarf. Doch Charlton Heston war ein guter Zuhörer, und dass der Alte splitterfasernackt war störte ihn nicht im geringsten, nur ab und zu bellte er aus dem Fenster auf Verkehrschilder und Telegrafenmasten und schließlich fanden sie diesen Anhalter der einfach nur dastand und anscheinend beschlossen hatte dem Alten ein Ohr zu leihen in das er seine nie erlebte Mühsal hineinbrüllen durfte doch nach zwei Sekunden hatte Charlton plötzlich die Seiten gewechselt aber dem Alten war es egal als er so dastand in der Staubwolke des abfahrenden Buicks und dem jungen Paar schöne Flitterwochen wünschte.

Antirationalistischer Block / Christian Erdmann hat gesagt…

Könnte hinkommen. Aber warum nannte sie mich "Gideon"? Die Frau ohne Handschuhe, also die Zeit in Verkleidung, flehte mich an, nicht hineingezogen zu werden in das unbotmäßige Kollabieren auf Lost Highway 66, Hineinziehen war Kleidausziehen in Verkleidung, und mit einem erneut atypischen Reflex schlug sie mir den Mittelteil der Geschichte aus dem Kopf und sich selbst damit aus dem Dings-Bums-Kontinuum. Aus Verzweiflung fällte ich im übriggebliebenen Raum mit dem Kriegsbeil ein paar Marterpfähle. Einer davon fiel direkt auf den alten Ford (ein verkleideter Buick). "Na so ein Pech", sagte Jack, der alte Filmcowboy, der zufällig vorbeikam auf dem Heimweg nach einem Tag schweren Aufräumens im Reservat, und meinte verkleidetes Glück. Jetzt wußte ich auch, wo das Kriegsbeil hergekommen war. "Steigen Sie bei mir ein", sagte er, "wir fahren westwärts und erobern irgendwas." Ich stieg bei 180 Sachen ein, die verkleidete Hyperspace-Geschwindigkeit waren, so daß wir nochmal im County-Hospital in Butte, Montana ankamen, bevor der Alte als Nummer 4 größeren Unfug anrichten konnte. Da stand ich und wartete, unfähig, die pochende Halsschlagader der Zeit zu vergessen. Aber sie kam nicht. Jetzt glaube ich, daß Charlton Heston das missing link war. Ich sah aus dem Fenster und sah den Alten in einer Planierraupe durchs Gelände brettern. "Zeitlos!" rief er, "zeitlos!" Bullshit.