Donnerstag, 24. November 2011

Aufstrich

Der winzige Engel dozte ein letztes Mal gegen das Milchglas der Deckenlampe, dann torkelte er unkontrolliert nach unten und fiel nach einem letzten Schlenker direkt in den Füllstutzen des elektrischen Fleischwolfs, mit dem ich gerade Wirsingmus nach einem Rezept meiner Mutter zubereitete. Leider war ich nicht nahe genug dabei, um das Malheur zu verhindern, da ich gerade das Radio lauter stellte nachdem der Moderator den neuen Hit von Cold Play angekündigt hatte.
Dabei war es wirklich unvorhersehbar, dass der Engel ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt abstürzen würde, schließlich umflatterte er die Lampe schon seitdem ich sie morgens eingeschaltet hatte, und zwar ohne erkennbare Ermüdungserscheinungen. Natürlich hatte ich mich bei meinem großen Engel, der ausnahmsweise einmal nicht auf seinem Zombie ritt, erkundigt, ob er sich einen Reim darauf machen könne, doch er winkte nur müde ab und blickte versonnen aus dem Fenster, wobei er sich halb in den zurückgezogenen Vorhang hängen ließ. Ich wusste, dass es keinerlei Sinn machte, ihn in einem solchen Zustand weiter zu befragen. Ebenso gut hätte ich mich mit meinen Schuhen unterhalten können. Die Luft im Zimmer war gut. Es roch nach Lavendel und Engel, vom Gestank des Zombies war nicht der geringste Hauch zu riechen.
Chris Martin jammerte gerade "Para, para, paradise, everytime she closed her eyes" aus den Lautsprechern, als die Engelpampe auch schon am Ende des Fleischwolfs hervorquoll. Glücklicherweise hatte ich gerade eben eine leere Schüssel untergestellt, sodass nichts davon in das Wirsingmus gelangte. Ich schaltete den Fleischwolf ab und besah mir die Masse etwas genauer. Sie hatte eine hellgelbe Farbe mit bläulichen und grünlichen Einsprengseln und schien unerwartet homogen, ohne feste Bestandteile wie etwa winzige Federkiele oder Fingerchen.
Ich tauchte meinen rechten Zeigefinger in die Masse. Sie fühlte sich leicht und luftig an, fast wie Eischnee. Und sie schmeckte auch so. Wie Eischnee mit Vanillezucker und einer leichten Note Lavendel. Eigentlich perfekt zu süßen Pfannkuchen mit Ahornsirup und einer dampfenden Tasse Kaffee dazu.

"Still lying underneath the stormy skies. She said oh-oh-oh-oh-oh-oh"

1 Kommentar:

Alessa hat gesagt…

Wow... wenn ich das lese, kann ich fast die Mousse vom Engel mit ihren Vanille- und Lavendel-Aromen auf der Zunge schmelzen schmecken...

LG !