Frage: Kluger Hausmann, mein Problem mag Dir im Vergleich mit dem ganzen Unrecht auf der Welt vielleicht etwas albern und bedeutungslos erscheinen, aber ich weiß mir wirklich nicht mehr zu helfen.
Kluger Hausmann: Nur wenn wir unsere Probleme im Kleinen lösen, können wir auch die Probleme der Welt angehen. Wo drückt denn der Schuh?
...: Ach, seit mein kleiner Engel mit diesem riesigen Zombie angekommen ist halte ich es in meinem Haus kaum noch aus. Anfangs ging es ja noch recht gut, doch der Zombie stinkt bestialisch, und es wird immer schlimmer. Ich möchte ihn aber nur ungern entsorgen müssen oder fortjagen, der Engel hängt so sehr an ihm! Was soll ich nur tun?
Kluger Hausmann: Au weia, das ist ganz bestimmt arg gewöhnungsbedürftig, so ein Gestank. Um was für eine Art Zombie handelt es sich denn?
...: Hm?
Kluger Hausmann: Wenn ich einen brauchbaren Rat geben soll, muss ich natürlich wissen, um was für eine Art von Zombie es sich handelt. Ist es ein I-Zombie, ein L-Zombie oder ein S-Zombie?
...: Ich fürchte, ich kenne mich da nicht so gut aus. Wo ist denn der Unterschied?
Kluger Hausmann: Nun, es gibt die sogenannten Infektions-Zombies, die Lethal-Zombies und zu guter letzt auch noch die Simulanten-Zombies. Ein Infektions-Zombie ist im Grunde nichts anderes als ein kranker Mensch, der durch bakteriologische bzw. physiologische Zerfallsprozesse zu einem willen- und geistlosen Monstrum geworden ist. Bei einem solchen Zombie rührt der Gestank einzig und allein von mangelnder Körperhygiene her, denn seine Säfte und sein Gewebe sind noch am Leben. Ein Bad oder eine Dusche ab und zu, und das Problem dürfte gelöst sein.
Schwieriger wird es allerdings, wenn Ihr Zombie ein sogenannter Lethal-Zombie ist. Denn das würde bedeuten, dass wir es im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Leiche zu tun haben, die natürlich allen nur denkbaren Verwesungsprozessen unterworfen ist. Verliert Ihr Zombie denn Fleisch- oder Gewebestücke? Oder sind Ihnen schwerwiegende Verletzungen oder unverheilte Stümpfe von Gliedmaßen aufgefallen?
...: Nun, sein linkes Auge baumelt nur noch am Sehnerv neben seiner Nase und aus der leeren Höhle läuft ununterbrochen eine braungelbe stinkende Flüssigkeit. Und neulich, als ich auf der Leiter stand und er an mir vorüberging mit meinem Engel auf seinem Kopf, da konnte ich für einen kurzen Augenblick durch seinen Kopf hindurchgucken. Ich meine, ich konnte in das eine Ohr rein und zum anderen Ohr hinausschauen, als wäre gar nichts dazwischen. Das ist doch nicht normal, oder?
Kluger Hausmann: Hm, ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?
...: Ja, die Kopfhaut des Zombies ist mit etlichen Klammern an seinem Schädel festgetackert, allerdings mit einigem Faltenwurf, daher ist es mir überhaupt erst aufgefallen. Was hat das zu bedeuten?
Kluger Hausmann: Nun, das bedeutet vermutlich, dass der Zombie durch eine Kopfverletzung sein Gehirn verloren hat. Um ihn weiter benutzen zu können und um einer unauffälligen Ästhetik willen wurde der Schaden notdürftig mit einem Tacker wieder geflickt. Das kommt gar nicht so selten vor. Doch was Ihre Frage betrifft dürfte der Fall klar sein: Sie besitzen einen Lethal-Zombie. Wie Sie sich jetzt sicher schon denken können ist sein Gestank immanent, das heißt ein fundamentaler Aspekt seines Zombieseins, und dem ist leider nicht so leicht beizukommen. Falls Sie Ihrem Zombie weiterhin Zugang in Ihr Haus gewähren wollen werden Sie nicht umhin kommen, ihn luftdicht zu verpacken. Fürs erste können Sie es natürlich mit mehreren Lagen Frischhaltefolie versuchen. Diese muss aber sehr eng und fest gewickelt werden; ein Vorgang, der einige Zeit in Anspruch nimmt und auf den mancher Zombie zuweilen etwas unwirsch reagiert. Ich empfehle daher einen Gang zum Fachhändler für Zombiebedarf. Dort gibt es luftdichte Zombiehüllen aus reissfestem Kevlargewebe in allen Variationen was Größe, Form und Färbung betrifft; neuerdings sogar mit Fruchtaroma.
...: Aber wie ernährt er sich dann, wenn er luftdicht verpackt ist? Und ist das überhaupt human?
Kluger Hausmann: Wir sollten nicht allzu viele unserer Vorstellungen auf Zombies übertragen. Empfindungen wie Platzangst oder Beklemmung infolge der Verpackung sind ihnen fremd. Schauen Sie sich nur Ihren eigenen Zombie an, er hat ja nicht mal mehr ein Gehirn.
...: Ja, das stimmt natürlich. Aber irgendwie muss er doch seine Bewegungen koordinieren? Schließlich ist er recht gut zu Fuß, manchmal begleitet er mich sogar beim Joggen.
Kluger Hausmann: Das trifft sich ja hervorragend. Jede Zombiehülle verfügt nämlich über ein Ventil, über welches von Zeit zu Zeit der entstehende Überdruck durch die Verwesungsgase abgelassen werden muss. Das können Sie ja dann draußen in freier Natur erledigen.
...: Aber die Ernährung?
Kluger Hausmann: Zombies brauchen viel weniger Nahrung als gemeinhin angenommen wird. Tatsächlich benötigen sie praktisch überhaupt keine Zufuhr von Nährstoffen. Ihre sprichwörtliche Gier nach Gehirnen und frischem menschlichen Gewebe ist lediglich ein Reflex, hervorgerufen durch eine Art Hintergrundrauschen ihrer Verbindung in eine parallele Raumzeit, wo sich stets ein spiegelbildlich an Demenz erkranktes Alien befindet.
(Der Fragesteller beginnt sich nun unwohl auf seinem Stuhl zu winden und schaut demonstrativ auf seine Armbanduhr)
...: Äh...ja, vielen Dank! Ich würde das wirklich noch gerne vertiefen, aber ich habe leider gleich noch einen Termin am anderen Ende der Stadt. Sie haben mir sehr geholfen, Kluger Hausmann.
(geht ab)
Kluger Hausmann: Gerne! (die Stimme erhebend und dem Besucher nachrufend): Und nächstes Mal erkläre ich Ihnen noch, was es mit den Simulantenzombies auf sich hat!
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