Dienstag, 1. Mai 2012

Frühlingsmorgen



Es ist ein sonniger Morgen, bis zum Anschlag durchfüllt mit dieser klaren Frühlingsluft, welche die weit entfernten Baumwipfel vor optischer Schärfe leise klirren und flirren lässt. Die Tasse mit dem Matetee steht neben mir auf der Bank, auf meinem Schoß liegt das Magazin, das eben vom Postmann gebracht wurde. Auf dem Titel, wie nicht anders zu erwarten, der Aufhänger schlechthin in diesen Tagen: die Zombiepandemie. Skandinavien verloren, die ersten Untoten in Dänemark und Litauen gesichtet. Ich nehme einen großen Schluck aus meiner Lieblingsteetasse und blättere die ungewöhnlich dünne Ausgabe rasch nach hinten durch bis zum Kulturteil. Er ist kaum vorhanden und besteht lediglich aus der kurzen Filmkritik eines, achtung Ironie des Weltgeistes, Zombiefilms namens "Juan of the Dead". Der allerdings spielt auf Kuba und soll sehr witzig sein. Zombies und real existierender Sozialismus. Eigentlich wollte ich mir den schon längst ansehen, aber er läuft hier nicht. Weder hier noch in der weiteren Umgebung. Keine sehr gute Zeit für Zombiefilme, wenn die Realität sie einholt. Etwas kitzelt auf meinem Unterarm, ich vermute eines dieser winzigen Löwenzahnschirmchen, die um diese Jahreszeit überall herumfliegen. Ich schaue genauer hin und erkenne einen winzigen menschlichen Leichnam, seltsam durchsichtig und porös, daher leicht wie eine Schneeflocke. Er bewegt sich ruckartig und zuckend auf meiner Haut, daher das Kitzeln. Ich reibe mit meiner Hand darüber, zurück bleibt ein graugelber, pudriger Fleck, ähnlich dem Staub den ein Schmettlerlingsflügel hinterlässt bei Berührung. Ich schaue nach oben und beschatte meine Augen; die leichte Brise, die in der Höhe nur zu erahnen ist, trägt weitere winzige Gestalten vor der Sonne vorüber, wie die Saat einer neuen Zeit.

 

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