Dienstag, 4. Juli 2017

Bananenblues

Sommersonnenwende im Tiergarten, Gerüstgedanken denkend. Gerüstgedanken. Wohlwollend den breiten Weg vor meinen Füßen betrachtend. Ich versuche, zwischen den Gerüstgedanken einen Kern Fleischgedanken einzufügen. "Fleisch"-Gedanken deshalb, weil sie rosig-fettig glänzen, wie ein straff gezogener Madenkörper. Der Madenkörper möchte platzen, und all die Menschlein, all das Gewusel um ihn herum ist in heller Aufregung.
"Er platzt!", schallt es durch die Gassen, und rote Münder herzen Gehsteige und Fußabstreifer. Eine schwarze Wolke verirrt sich in die Stadt, bringt Nacht und Mord und grauen Schimmel an Wänden und Türen.
"Ich mag den Geruch von schimmligen Türen nicht", sagt das Kind mit dem alten Gesicht, "obwohl ich den Schimmel gerne abschaben und zu kleinen Murmeln pressen würde."
Diese Szenerie ist nichts für Kinder, denke ich mir flüchtig, auch wenn sie alte Gesichter haben. Doch die Dunkelheit ist so tintig-schwarz und dicht, in ihr schweben sogar Ambosse wie Heliumballone. Im Ambossregen laufe ich einen Marathon, der erste meines Lebens, gegen die dicke Dunkelheit rudernd.
"Woran denkst Du?", fragt sie.
"Ach, eigentlich wollte ich noch zu ALDI", sage ich, "die Bananen sind alle".
"Das kann unmöglich das Ende sein", zischt die Souffleuse in ihrer Muschel, und Schaum quillt ungesund auf den Bühnenboden. Ich rutsche aus. Im Fallen sehe ich den C5-Scheinwerfer, wie er eine gleissende Bahn durch mein Gesichtsfeld zieht. "Die Bananen", denke ich noch. "Die Bananen".
 

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