Samstag, 30. August 2008

Die fliegende Spinne

Auf der Jagd nach etwas, das geeignet ist, wenn auch ganz entfernt, an einer dieser Adern zu kratzen, die schimmernd und glitzernd sich durch den synaptischen Mergel ziehen. Funkelnde Flöze inmitten gigantischer Deckgebirge alltäglichen Wahnsinns. Doch sind es Schätze, die da harren, oder nur Glimmer und Tand?

Ein welkes Blatt steht auf der Straße.

Ja, es steht.

Die Trockenheit formte und bog es zu einer mannigfaltig gewölbten und verschlungenen Konstruktion.

Nur an drei Punkten berührt es den Asphalt, der Rest erhebt sich zu einer postmodernen amorphen Kathedrale. Echter Wind weht, keine Simulation unsichtbarer Exonomaden von Epsilon Eridae. Das Blatt wirbelt nicht voran, wie man es annnehmen möchte, nein, es verschiebt sich lediglich, in kleinen Schüben, in kleinen Rucken. Wobei die drei Spitzen, mit denen es Bodenhaftung hat, laut und vernehmlich über den rauhen Straßenbelag kratzen.

Die Spätsommerbrise mischt sich mit stillem Frühherbstlicht, einen irrisierenden Zwischenbereich formend.

Lichtverhältnisse wie an tausend anderen Orten auf der Welt, doch nur wenige sind wirklich von Interesse.

Ein Samstagnachmittag mit der Stille eines Sonntagmorgens. Wo sind die Rasenmäher? Wo die Kreissägen? Die Traktoren? Stattdessen satte, warme Ruhe, Laubgeraschel, monotones, entferntes Fliegergebrumm.

Die Gedanken wandern in waagrechten Horizonten, Schicht um Schicht ertastend, auslugend und plötzlich entblößt, freiliegend unter einem fremdartigen Himmel.

Auf dem Unterarm sitzt eine Spinne.

Eine Art Springspinne, etwa eineinhalb Zentimeter lang, grau-schwarz gesprenkelt, fetter Körperbau. Ihre vorderen beiden Beine ragen nicht zur Seite, sondern sind wie Klauen nach vorne gerichtet. Ihr hinteres Beinpaar ragt nach hinten, Sprungbeinen nicht unähnlich.

Sie hat keine Angst vor meinem Finger. Ich schnippe sie von meinem Arm. Doch ihre Flugbahn führt nicht nach unten, jedenfalls nicht direkt, sondern unnatürlich zur Seite, wie ferngesteuert, mit irgendeinem geheimnisvollen Antrieb. Dazu ertönt ein kurzes, doch prägnantes Gesumm: ssssssst!

Wie von einer dicken Fliege.

Ein seltsames Spinnentier.

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