Donnerstag, 19. November 2009

Novembermoos



Ich laufe am liebsten bei Sonnenuntergang.
Oder kurz danach.
Schaue ich zu Hause aus dem Fenster, ist die Sonne
gerade hinter Bäumen und dem Wald verschwunden.
Ich laufe los. Trap Trap Trap
Draußen, auf freiem Feld, ist sie plötzlich wieder da,
glutend und rot. Blauer Himmel, Dunstschwaden über
den Wiesen. Vereinzelt noch braunes oder blassgelbes
Laub in den Bäumen. Es ist mild für die Jahreszeit. Ein
Novembertag. Trap Trap Trap
Rein in den Wald, durch den Wald, aus dem Wald. Ich
biege von meiner gewohnten Strecke ab, laufe ein Stück
zu einer kleinen Anhöhe. Darin hineingebaut ein kleines
Wasserpumphäuschen, an drei Seiten zusätzlich mit Erde
angeschüttet. Ein kleiner Hügel auf einem Hügel. Die
Seite nach Südwest ist abendsonnenbeschienen, das Moos
sogar noch warm. Das Laub, Blätter von dem Bergahorn, der
hier steht, ist knisterig. Ich bin nur leicht angezogen, wie
immer beim Laufen. Es ist ideal, wenn ich anfangs leicht
fröstele. Nach zwei Kilometern ist mir nicht mehr kalt,
und bald dampfe ich vor Wärme. Schön ist es, bei Schnee-
fall zu laufen, bei Schneetreiben, man braucht dann eine
Schildmütze, damit die Flocken nicht in die Augen wehen.
Es ist anders, als wenn man dick eingemummelt spazieren
geht. Beim Laufen ist man dünn angezogen, der Schweiß
muss verdunsten können. Bliebe man stehen, würde man
bald frösteln, dann frieren. Der Körper heizt, er arbeitet,
er trotzt der Kälte. Trap Trap Trap
Heute ist es mild und abend. Novemberruhig. Unter dem
kahlen Bergahorn. Ich lege mich auf das warme Moos, auf
das knisternde Laub, strecke alle Viere von mir. Ich schaue
durch die Äste in einen blaublassen, wolkenlosen Abend-
himmel. Kein Laut dringt an mein Ohr. Durch die Anstrengung
sind die Atemwege weit und frei, nicht mal der eigene Atem
ist zu hören. Der Herzschlag schon wieder ruhig, ich fühle
das Moos und die Blätter. Es ist abend und mild.
Fern am Horizont geht die Sonne unter, rot.