..............................................und andere Lumineszenzen..............................................
Montag, 12. Juli 2010
Reflexionen
"Ich glaube, ich bin ein Vampir"
"Fängst du jetzt auch noch an mit diesem Quatsch? Verschone mich bitte mit diesem Teenie-Romantik-Kitsch. Der einzig wahre Vampir war Christopher Lee, und der ist schon mehr tot als lebendig."
"Dann passt´s ja...."
"Ha-ha"
"Nein, im Ernst! Vampire haben doch kein Spiegelbild, oder?"
"Hm, in `Tanz der Vampire´ hatten sie jedenfalls keine Spiegelbilder. Ihre abgeratzten Rokokoklamotten waren in den raumhohen Wandspiegeln im Ballsaal von Graf Kroloks Schloss allerdings auch nicht zu sehen. Das fand ich immer etwas verwirrend. Leider hielt Polanski es nicht für nötig, auf dieses Paradoxon im Drehbuch näher einzugehen. Aber vielleicht erzeugt so ein Vampirkörper eine Art Unsichtbarkeitsfeld, das nicht nur den Körper, sondern auch die Klamotten umschließt. Unreflektiert kann man sie nur sehen, weil ihr hypnotisches Metafeld die Schwingungen des Unsichtbarkeitsfeldes überlagert und teilweise interferiert."
"Na also, siehste. Seit heute morgen kann ich mich nämlich nicht mehr im Spiegel betrachten. Da ist nix mehr, obwohl ich genau davorstehe. Meine Klamotten allerdings sind da. Die sind zu sehen. Die hängen da irgendwie in der Luft. Sieht beschissen aus und unheimlich ist mir auch zumute"
"Red´ keinen Scheiß"
"Wenn ich´s doch sage! Wetten?" (Guckt zur Kontrolle unauffällig zur Seite in Richtung der gläsernen Terrassentür, die aufgrund der Lichtverhältnisse einen halbdurchlässigen Spiegel bildet)
"Du willst wetten? Ok, ich wette um tausend Euros dagegen. Ich sage, du bist kein Vampir und hast ein ganz gewöhnliches Spiegelbild."
"Na ja, das mit dem Vampir habe ich eigentlich nur so dahingesagt, der inneren Dramatik wegen. Tatsächlich habe ich weder Fangzähne (zieht die Lippen zurück und zeigt die Zähne) noch eine Lichtallergie. Eigentlich kam ich nur darauf wegen dem fehlenden Spiegelbild."
"Aha, jetzt fängst du also an zurückzurudern"
"Keineswegs. Ich wette mit dir um tausend Euros, dass ich kein Spiegelbild habe. Weder in einem normalen Glasspiegel noch auf irgendeiner Flüssigkeit wie Wasser oder Quecksilber. Die Vampirsache lassen wir mal aussen vor."
"Du hast in flüssiges Quecksilber geguckt? Jetzt sehe ich langsam klarer. Quecksilberdämpfe gehen aufs Gehirn und dort vor allem aufs Gedächtnis. Du solltest eine Entgiftungskur machen, vielleicht mit Kassia, oder besser noch mit Schwefelblüte. Ich wette, dann hast du auch bald wieder ein Spiegelbild"
"Ich habe keine Quecksilberdämpfe eingeatmet, weil ich keinen Kübel mit Quecksilber herumstehen habe. Ich habe lediglich vermutet, bzw. gefolgert, dass, wenn ich auf Glas kein Spiegelbild werfe, aller Wahrscheinlichkeit nach auch auf jeder anderen spiegelnden Oberfläche wie z.B. Quecksilber keine Reflexionen von mir zu sehen sein werden. Die Ausweitung der Wette auf sämtliche potentiell spiegelnden Medien ist eine reine Kulanzsache von mir."
"Na gut. Wir wetten. Ich sage, du hast ein Spiegelbild. Meinetwegen können wir auch gerne um 10.000 Euros wetten. Oder 100.000! Oder willst du mich irgendwie verarschen? Machst du die Augen zu und kannst deshalb kein Spiegelbild sehen? Das würde ich dir nicht raten"
"Du hast doch gar keine 100.000 Euros. Nicht mal 10.000! Wie willst du deine Wettschulden bezahlen?"
"Du bist doch auch völlig blank. Dasselbe könnte ich dich fragen"
"Aber ich werde gewinnen. Wirst schon sehen. Bleiben wir bei 1000 Euros, ich will dich ja nicht ruinieren. Ausserdem werde ich in naher Zukunft sowieso Geld wie Heu machen. Als die Frau ohne Spiegelbild."
"Seit wann bist du eine Frau? Ich dachte jetzt ständig, ich unterhalte mich mit einem Mann"
"Wir kennen uns nun schon eine halbe Ewigkeit, und nur durch Zufall merkst du, dass ich eine Frau bin?"
"Ist das so wichtig?"
"Hm. Nicht wirklich. Also Hand drauf."
Beide Personen schlagen ein und gehen ins Badezimmer, wo sie gemeinsam in den Spiegel über dem Waschbecken schauen.
"Fuck"
"Habe ich doch gesagt"
"Seit wann hast du das?"
"Seit heute morgen. Ich beglotze mich morgens normalerweise immer erst zehn Minuten im Spiegel und schneide Grimassen, ehe ich Kaffeewasser aufsetze."
"Mist. Ich habe keine 1000 Euros. Das ist unfair. Das hast du vorher schon gewusst"
"Klar. Ich hab´s dir doch gesagt"
"Fuck"
"Sag nicht solche obszönen Sachen. Man könnte sonst noch annehmen, dass du diesen Blog sexistisch etwas aufpeppen willst, um den Anschluss an den Mainstream nicht zu verlieren."
"F... ich meine, Mist! Kannst du mir tausend Euros leihen? Schließlich verdienst du dich ja bald dumm und dämlich als die Frau ohne Spiegelbild. Wie schminkst du dich denn jetzt?"
"Das ist meine Hauptsorge. Ich werde wohl von meinen ersten Gagen eine persönliche Visagistin engagieren müssen. Die muss mir dann auch immer sagen, ob ich eventuell noch Spinat in den Mundwinkeln habe."
"Irgendwie seltsam, das Ganze"
"Ja, und wie!"
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