Donnerstag, 12. Juni 2008

Lichtgefleckt

Ich saß unterm Balkon auf der uralten, selbstgezimmerten Bank. Nicht von mir gezimmert natürlich, sondern von meinem Vater. Sie mochte nun so alt sein wie ich selbst, mindestens, wenn nicht noch älter.

Zu meinen Füßen begann die Wiese, die jedoch jetzt eher wie ein Rasen aussah. Ich hatte sie am Tag zuvor erst gemäht.

Ich las in einem sonderbaren Buch: „Starfish rules“. Es spielt Ender der 30er Jahre d.v.J. (des vorigen Jahrhunderts) in den USA. Die Zeitlinie ist jedoch eine andere. Die staatlichen Strukturen zerfallen, Chaos und Anarchie breiten sich aus, die Schwarzen erheben sich und ziehen mordend und plündernd durch das Land, sich an den Weißen rächend. Krankhafte Psychopathen erheben sich, fahren ihre blutige Ernte ein unter den Augen der überforderten Polizei. Europa steht unter der Fuchtel der Nazis, welche sich anschicken, die Weltherrschaft an sich zu reissen. Zwischen all dem ein deutscher Widerstandskämpfer, oder vielmehr ein Widerstandsmitläufer, der den Schlauch des Äolus von den Nazis raubte, damit diese sich nicht dieser angeblichen atmosphärischen Superwaffe bedienen können. Er bekommt Anweisung, den Schlauch auf einem Friedhof in Baltimore zu vergraben, wo er schließlich von einer Art marodierendem Jesus wieder hervorgeholt wird.

Jedes Kapitel ist in einer anderen Schrifttype gedruckt, manchmal hat man Mühe, flüssig durchzulesen, so verschnörkelt sind manchmal die Buchstaben. Bei einem Kapitel musste ich die Seiten sogar quer lesen, der Text war in Form einer faksimilierten Zeitungsseite abgedruckt. Sehr verwirrend, ich rätsele immer noch, wo da der Sinn sein sollte. Visualisiertes Chaos?

„Huch“

Ich blickte auf. Hatte irgendjemand etwas gesagt? Niemand war in der Nähe, kein Laut war zu hören. Ganz weit oben in der mächtigen Schwarzpappel bewegten sich ein paar Blätter, doch der Wind war zu schwach, um auch nur das sachteste Rascheln zu verursachen. Eine Hummel brummte vorüber, vermutlich enttäuscht über die kahlgeschorene Wiese. Ich wandte mich wieder meinem Starfish zu.

„Wo bin ich?“

Diesmal hob ich nicht den Kopf, sondern schaute nur verstohlen von unten herauf um mich. Da war niemand. Aber ich hatte mich ganz sicher nicht getäuscht. Die Stimme war mir völlig unbekannt. Und obwohl keineswegs geflüstert, war es die leiseste und feinste Stimme, die ich je gehört hatte. Ihr Alter war unbestimmbar. Doch aus welcher Richtung kam sie? Ich war mir nicht sicher. Aus irgendeinem unbestimmbaren Grund schien ich meinen Ohren in diesem Falle nicht trauen zu dürfen. Ich hatte eigentlich immer ein ausgezeichnetes Gehör, Richtungen zu bestimmen fiel mir nie schwer. Doch diesmal war es anders.

„Hallo?“

Die Wiese. Zu meinen Füßen.

Meine Gedanken, zuvor ungeordnet wie eine Kindergartengruppe beim Sommerfest, begannen um eine Sichtachse zu kaleidoskopieren, die unmißverständlich auf eine Stelle wies allerhöchstens zwei Meter von der Bank entfernt.

Es lag dort ganz unscheinbar.

(Fortsetzung folgt...)

2 Kommentare:

Dona Quijota hat gesagt…

Was denn, was denn? Sag´s mir.. *zappel*
Wenn mich eine Sache verrückt macht, dann sind es angefangene Geschichten. Ich muss wissen wie sie aus gehen. Sonst habe ich schlaflose Nächte. Habe Mitleid..

AL, Dona Q.

Moves hat gesagt…

liebe Dona Q.,

natürlich bin ich die Fortsetzung bisher nicht aus schierem Sadismus schuldig geblieben. Das Problem ist vielmehr, dass sie sich noch gänzlich in meinem Kopf befindet. Und das ist nunmal ein Ort, dagegen ist das Bermuda-Dreieck die reinste Oberfinanzregistratur!

Soviel aber kann ich schon mal vorneweg verraten: Ich hatte meine Digicam griffbereit.!
(nein, es war kein Entenschiss...)

AL, Cugel