Wer kennt das nicht: man sitzt am Tisch und löffelt ein leckeres, weil selbstgemachtes vegetarisches Chili mit weissen Riesenbohnen und überlegt sich dabei, was für ein Gefühl das wohl wäre, wenn man nicht mit seinem eigenen, sondern einem fremden Gesicht am Schädel durch das All treiben würde. Meinetwegen irgendwo auf halber Strecke zwischen hier und dem Orionnebel. Einen Spiegel zum reinschauen gibt es nicht, und die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb der nächsten 10 Milliarden Jahre einer vorbeigeschwebt kommt, darf getrost vernachlässigt werden. Das Vorhandensein eines Helmes, der das Befühlen des Gesichtes enorm erschweren würde, möchte ich der Einfachheit halber auch ausschließen; obwohl natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass man einen Helm auf dem Kopf hat, wenn man im Weltall herumschwebt, alles andere als gegen Null tendiert. Andererseits nähert sich die Wahrscheinlichkeit, dass man tot ist, wenn man ohne Helm zwischen hier und dem Orionnebel im Hochvakuum treibt, bedenklich der 1! Nimmt man jedoch wie so mancher namhafte Wissenschaftler an, dass es eine unendliche Anzahl von Paralleluniversen gibt, dann gibt es auch irgendwo und irgendwann den absurden Fall, dass ich ohne Helm, tot und mit dem Gesicht von Boris Becker zwischen hier und dem Orionnebel schwebe und zufällig gerade zu der Sekunde kurzzeitig wieder lebendig werde, um einen schnellen und entsetzten Blick in einen gegen alle Wahrscheinlichkeiten trotzdem zufällig vorbeischwebenden Spiegel werfen zu können.
Wäre es mir da wurscht, wie Boris Becker auszusehen? Oder würde diese Tatsache hinter all den anderen, mehr oder weniger seltsamen Umständen dieses Happenings in den Hintergrund treten?
Ich glaube nicht!
Ich möchte weder mit dem Gesicht von Boris Becker noch mit dem von Brad Pitt im Weltall schweben, sondern mit meinem eigenen.
Weniger wichtig wäre mir die Rahmung des Spiegels. Zwar schwebt mir ein aufwendiger barocker Goldrahmen vor, doch auch einen schmucklosen, ungerahmten Badezimmerwandspiegel kann ich mir vorstellen.
Aber das eigene Gesicht, das wäre schon wichtig, denke ich mir, auch gänzlich ohne Spiegel, während ich Tomatensoße mit Sojahackfleischersatz, eine weisse Riesenbohne, ein Stück Paprika und zwei Fitzelchen Champignons auf meinen Löffel schaufele. Das Chili ist schön scharf, wie es sein muss, leider habe ich kein Brot dazu.
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