Donnerstag, 31. März 2011

Der Ritt



Ich ritt das tote Pferd den ganzen Weg bis nach Laramie. Dort stieg ich ab und betrat den Dead Whore Saloon zur Mittagszeit. Die klare Frühlingsluft blieb an den quietschenden Schwingtüren hängen, drinnen roch es nach altem Bier und ranzigem Sattelleder. Langsam gewöhnten sich meine Augen an das düstere Zwielicht, ein einzelner goldener Sonnenstrahl, scharf gebündelt wie ein Laser, fand seinen Weg durch ein Loch im Fensterladen und beschien einen schmierigen Spucknapf als wäre es der Goldtopf am Ende des Regenbogens. Der tote Sheriff saß mit dem Rücken zu mir an der Bar und musterte mich müde im Spiegel. Dann spuckte er geräuschvoll über zwei Barhocker hinweg in den Spucknapf und stierte weiter vor sich auf sein halbvolles Glas Bier. Er hatte keine Lust, mir Ärger zu machen. Also ging ich nach oben und suchte mir eine von den toten Huren aus und wir ritten zusammen den ganzen Abend hindurch und in den Morgen hinein.

"Du vögelst wie ein Toter", keuchte sie mir dabei mehrmals in mein linkes Ohr und einmal auch in mein rechtes. Ich war mir nicht sicher, ob das als Kompliment gemeint war oder als Retourkutsche auf meine Knauserigkeit bei der Verhandlung um die Höhe ihrer Entlohnung. Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne sickerten bereits durch die Wände der billigen Bretterwände als ich mich anzog und nach unten ging ohne mich umzublicken. Der Sheriff saß nicht mehr an der Bar. Das Pferd war mittlerweile vollkommen verwest und kaum noch als solches zu erkennen. Ich hätte nicht absteigen dürfen. Und keine Seele in Laramie.


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