Mittwoch, 10. August 2011

Nicht blau, nicht dunkel


Eine Libelle schwirrt durch das nachmittägliche Sonnenlicht, das noch glänzt und glitzert und noch keine Spur aufweist von der bald sich senkenden Abendmilde. Noch springt und jubelt der Tag als wäre der Lauf der Zeit nur eine ferne Legende, erdacht von so seltsamen Dingen wie Bäumen oder Bergen.
Die Libelle gewinnt an Höhe, umfliegt einen um diese Jahreszeit natürlich unbeblüteten Schneeballenbaum und verschwindet mit einem letzten Glitzern ihrer Flügel im Nirgendwo dahinter.
Von der anderen Seite des Schneeballenbaumes betrachtet bin ich es, der sich im Nirgendwo befindet. Doch auch im Nirgendwo gibt es Stechmücken, die man hier Schnaken nennt. Eigentlich sehr filigrane und elegante Geschöpfe, aber nun sitzt eines von ihnen auf meinem linken Fußknöchel und versetzt mir einen unangenehmen Stich. Doch anstatt sogleich danach zu schlagen, betrachte ich das Wesen für einen Augenblick. Es scheint erstmal arg abgelenkt durch seine Mahlzeit. So brauche ich mich gar nicht anzustrengen und auch nicht zu beeilen als ich es mit meinem Daumen zerdrücke. Es bleibt nur ein kleiner schwarzer Schmierfleck zurück von etwas, das soeben noch durch die klare Spätsommerluft schwebte. Meine Gedanken verweilen mitleidslos auf den tanzenden Lichtmustern auf dem Gras zu meinen Füßen. Die raschelnden Blätter der Pappel weit oben spielen die Melodie dazu.

"Möchtest du den Kopf auf meinen Schoß legen?" frage ich.

Doch die Antwort bleibt aus. Ich blicke neben mich und schaue auf die leere Bank, die schon halb im Schatten liegt. Verwittertes Holz, von den Jahreszeiten zersprungen und rissig, darauf zwei frisch gefallene Pappelblätter, winzige Samenkörnchen und grober Staub mit kleinen braunen Rindenfragmenten. Darüber ein Strom aus Zeit und Erinnerungen, wie eine Brise mich berührend.


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